Blinde Flecken
Simon Poelchau über das Manifest des »Panama Papers«-Whistleblowers
Gesellschaften haben stets blinde Flecke, manche Sachen wollen sie nicht sehen. Es ist ein Abwehrmechanismus: Man selbst will sich als der Gute darstellen, nie als der Böse. Nun sind Gesellschaften keine monolithischen Blöcke, doch die Mechanismen, die in ihnen wirken, schaffen es eben, dass vieles im Verborgenen bleibt.
Der sich selbst John Doe nennende Whistleblower hat mit seinen »Panama Paper«-Leaks nun einen solchen Fleck sichtbar gemacht. Nämlich, dass die Reichen und Mächtigen keineswegs immer nur die Guten sind. Er hat die Verbindungen unzähliger Politiker und Prominenter zu Briefkastenfirmen ans grelle Licht der Öffentlichkeit gebracht. Vor allem aber zeigte er nun in seinem Manifest auf, wie solche Praktiken so lange im Geheimen bleiben konnten. Neben Politikern, die auf Spenden von Reichen angewiesen sind, und Behörden, die von gewählten Politikern kontrolliert und besetzt werden, waren es auch weite Teile der Medien, die wegen mangelnder Ressourcen oder - was viel schlimmer ist - wegen mangelndem Interesses ihrer Eigentümer, lange genug nicht nachgehakt haben.
All diese Instanzen bilden zumindest das öffentliche Bild der kapitalistischen Gesellschaften, die immer nur die Guten sein und von ihren blinden Flecken nichts wissen wollen.
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