Steigbügelhalter Triathlon
Der Ironman bleibt drei weitere Jahre in Frankfurt, was zu Strategie von Hauptsponsor Wanda passt, der die Fußball-WM nach China holen will
Zur Feier des Tages verhüllte ein rotes Samttuch das eigens angefertigte Schild. Hans-Peter Zurbrügg, Europa-Manager des Sportveranstalters Ironman, stellte am Montag in einem Frankfurter Café einen hessischen Energieversorger als Titelsponsor des Triathlondistanzrennens in Frankfurt vor, das am 3. Juli seine 15. Auflage erleben wird. Die EM über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen hatte zuletzt ohne Namensgeber auskommen müssen, doch nun kaufte sich das weitgehend im städtischen Besitz befindliche Unternehmen für einen sechsstelligen Betrag auf oberster Sponsorenebene ein.
Dies ist nur eine Säule, die den Ironman weitere drei Jahre in Frankfurt absichert. Die andere ist die Absichtserklärung der Stadt, die Veranstaltung zu behalten - und weiter mit rund 300 000 Euro zu bezuschussen. »Wir wollen den Vertrag bald finalisieren«, bekundete Sportdezernent Markus Frank. Björn Steinmetz, Geschäftsführer von Ironman Germany, freute sich selbstredend über »einen tollen Tag, der uns entspannt in die Zukunft blicken lässt.« Spekulationen über einen Umzug nach Hamburg sind damit vom Tisch. »Das war auch nie ein Thema, wir wären ja blöd, wenn wir woanders hingehen würden«, erklärte Zurbrügg.
Der Schweizer steht für das komplizierte Beziehungsgeflecht hinter den Kulissen, das als Kontrastprogramm zum gern propagierten familiären Ambiente daherkommt. Einerseits leitet der 46-Jährige die Lifestyle-Sparte des Sportvermarkters Infront Sports & Media, andererseits trägt er Verantwortung für Ironman-Rennen von Südafrika bis Rügen. Beide Unternehmen gehören fest zusammen, nachdem der chinesische Großkonzern Wanda im Sommer 2015 für 650 Millionen Dollar den weltweiten Ironman-Veranstalter World Triathlon Corporation erwarb und sich dann für 1,05 Milliarden Euro auch noch Infront einverleibte. Ironman und Infront verschmolzen in Wandas Sportabteilung.
Triathlon ist nunmehr nur noch Teil einer übergeordneten Strategie mit dem Ziel, eine Fußball-WM nach China zu holen. Infront-Chef Philippe Blatter ist zwar selbst begeisterter Triathlet, doch eben auch der Neffe des skandalumwobenen früheren Präsidenten des Fußballweltverbands FIFA, Sepp Blatter. Im »Handelsblatt« benannte der junge Blatter klar sein Zeil: »Früher oder später wird die WM in China stattfinden.«
Dass der Philippe Blatter gleichzeitig Wandas Sportsparte führt, stellt eigentlich einen Interessenskonflikt dar. Immerhin hat sich Wanda einerseits als Sponsor bei der FIFA eingekauft, während Infront seit 2007 für den Verband die Medienrechte aller großen Turniere inklusive Weltmeisterschaft für den asiatischen Markt feilbietet. Offenbar stört das aber niemanden: Sepp Blatters Nachfolger Gianni Infantino hofierte die zahlungswillige Wanda-Delegation kürzlich am FIFA-Sitz in Zürich.
Der amtierende Ironman-Weltmeister von Hawaii, Jan Frodeno, kommt nicht nach Frankfurt. Deutschlands Sportler des Jahres startet lieber für eine kolportierte Gage von 55 000 Euro bei der Konkurrenzserie Challenge in Roth. Solche Summen könnten die chinesischen Ironman-Besitzer aus der Portokasse überbieten - Wandas Unternehmensziel sind 100 Milliarden Euro Umsatz in fünf Jahren. Zubrügg, dem die Causa Frodeno sichtlich unangenehm war, antwortete am Montag diplomatisch: »Wir respektieren seine Entscheidung. Aber es geht nicht nur um einen Athleten. Wir müssen sehen, dass wir das Geld fair verteilen.«
Generell könne man aber sicher sein, dass Wanda auch den Triathlonsport auf die nächste Entwicklungsstufe hieven wolle - jedenfalls finanziell gesprochen. 2016 sind bereits die ersten beiden Halbdistanzrennen in China angesetzt. Zurbrügg: »Wenn dort die Mittelschicht die Ausdauersportarten für sich entdeckt, entsteht ein Markt, der so groß werden kann wie der in Europa.« Somit würde auch das Gewicht Wandas im Ringen um die Macht im Weltsport weiter wachsen. Und irgendwann, so das Kalkül der Chinesen, käme die FIFA nicht mehr an ihnen vorbei.
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