Neustart mit ungewissem Ausgang
Katja Herzberg zum Abgang des österreichischen Kanzlers Faymann
Werner Faymann hat sich einen gewissen Sinn für die Realität erhalten und sein Schicksal schließlich nicht mit jenem Österreichs verknüpft. Mit dem Rücktritt als SPÖ-Chef und Bundeskanzler will er seinem Land und seiner Partei zu einem »Neustart« verhelfen. Die von ihm genannten »Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft« sind allemal groß genug. Doch Faymann selbst hinterlässt nun einen Scherbenhaufen in der SPÖ und in der schwarz-roten Regierung.
Innerhalb von nicht einmal einem Jahr hat der Sozialdemokrat mit seinem flüchtlingspolitischen Kurswechsel von Mitmenschlichkeit und offenen Armen hin zu kalter Berechnung und Zaunbau seine Partei und die von ihm geführte Regierung in die Unglaubwürdigkeit wie ins politische Abseits geführt. Die rechtspopulistische FPÖ wusste die überhasteten Gesetzesverschärfungen für sich zu nutzen und konnte sich als die »Wir hatten schon immer Recht«-Partei verkaufen. Dass sich Faymann stets zu seinem Schwenk bekannt hat, half da nicht.
Die tief gespaltene SPÖ stand nicht mehr hinter Faymann, insofern war sein Rücktritt vom Parteivorsitz konsequent. Doch die Regierungspartei hat derzeit andere Sorgen als Personalfragen. Kurz vor der Stichwahl um das Bundespräsidentenamt ringt sie mehr denn je um Positionen und Programm. Ein Neustart muss her, doch dass er gelingt, bevor die FPÖ die Macht in Österreich übernimmt, ist mehr als fraglich.
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