Abgeschlossen oder abgebügelt?
Grit Gernhardt über Tariferhöhungen und eingeknickte Gewerkschaften
Es lief eigentlich alles wie immer bei Tarifverhandlungen: Die Gewerkschaft der Metallarbeiter forderte deutlich mehr Lohn, die Arbeitgeber lehnten das zunächst kategorisch ab und legten ein deutlich niedrigeres Angebot vor. Dann drohten die Gewerkschaften mit Streiks und legten warnenderweise in einigen Betrieben kurzzeitig die Arbeit nieder. Am Ende einigten sich beide Tarifparteien am Freitagmorgen - kurz vor einem angekündigten langen Streik über Pfingsten - auf ein Angebot, das unter den ursprünglichen Forderungen der Arbeitervertreter liegt. Statt der erhofften fünf Prozent mehr Lohn innerhalb eines Jahres sollen es nun in 21 Monaten und zwei Stufen insgesamt 4,8 Prozent werden.
Das ist natürlich ein Abschluss, von dem andere Berufszweige nur träumen können, der zudem weit über der Inflationsrate liegt und somit einen echten Reallohnzuwachs bedeutet. Das könnte die durch gestiegene private Konsumausgaben derzeit unerwartet stark boomende deutsche Wirtschaft weiter stärken. Insofern haben die Gewerkschaften eigentlich wenig Grund zum Meckern. Eine breite Protestbewegung der immerhin fast vier Millionen Beschäftigten in der Metallindustrie, die positive Konsequenzen für andere Branchen hätte haben können, wurde allerdings durch das Einknicken der IG Metall wieder einmal im letzten Moment verhindert.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.