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Nigerias Öl im Visier von Rebellen

Die Gruppe Niger Delta Avengers will die Wirtschaft des Landes in die Knie zwingen

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Nigeria leidet unter den Angriffen der Rebellen der Niger Delta Avengers auf die Ölinfrastruktur. Die Förderung ist auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gefallen.

Die militante Gruppe Niger Delta Avengers (Rächer des Nigerdeltas, NDA) lässt keine Zweifel: »Wir möchten diese Nachricht an alle internationalen Ölkonzerne im Nigerdelta richten: Das nigerianische Militär kann eure Anlagen nicht beschützen«. Die NDA rüsten bereits seit Februar auf, um die Ölleitungen und Hauptproduktionsanlagen des Landes unter dem Missionsnamen »Operation Red Economy« anzugreifen. Ihr Sprecher Mudoch Agbinibo stellte klar: »Unser Ziel ist es, Nigerias Wirtschaft lahmzulegen.«

Der Energiekonzern Chevron etwa musste seine Förderung Anfang des Monats täglich um etwa 35 000 Tonnen zurückschrauben, weil eine der Plattformen angegriffen wurde, die als Gemeinschaftsunternehmen auf offener See betrieben werden. Diese fungieren als Sammelpunkt mehrerer Ölfelder und sind damit normalerweise besonders profitabel. Chevrons Sprecher Deji Haastrup sagte gegenüber dem nigerianischen »Punch«: »Es ist eine sehr schwierige Zeit für das Land, weil es die Einnahmen durch die Erdölproduktion braucht.« Die nigerianische Förderung war bereits vor dem Angriff auf die Chevron-Anlage zum ersten Mal seit 1994 auf unter 1,7 Millionen Tonnen pro Tag gesunken. Afrikas einstmalig größter Ölproduzent musste deshalb seinen ersten Platz an Angola abgeben.

Das Land kann sich die NDA nicht leisten. Zusätzlich zu den Störungen, die die Miliz verursacht, haben bereits die weltweit niedrigen Ölpreise und eine Treibstoffknappheit im eigenen Land große Schwierigkeiten bereitet. Finanzministerin Kemi Adeosun bestätigt die katastrophale Situation: »Die erneuten Aktivitäten der Kämpfer im Nigerdelta haben ernsthafte Auswirkungen auf unsere Ölproduktion.« Um eine Wirtschaftskrise zu vermeiden, hatte die Regierung die Erdölpreise im Land um knapp 70 Prozent erhöht. Der stellvertretende Ölminister Ibe Kachikwu erklärte, die bisherigen staatlichen Treibstoffsubventionen seien nicht mehr zeitgemäß.

Das »schwarze Gold« sorgt für mehr als zwei Drittel der Steuereinnahmen. Allerdings hat der Staat nicht genügend Raffinerien und muss daher Benzin für teures Geld aus dem Ausland importieren - eine Ironie, die auch den Nigerianern selbst nicht entgeht. Auf dem Schwarzmarkt wurde Treibstoff zuletzt für 250 Naira pro Liter (1,10 Euro) gehandelt. Die Rächer des Nigerdeltas sind auf dem besten Wege, ihr Ziel zu erreichen und Nigerias von der Erdölproduktion abhängende Wirtschaft komplett lahmzulegen.

Sollte die Regierung unter Präsident Muhammadu Buhari nicht auf ihre zahlreichen Forderungen eingehen, »könnten den Anlagen weitere Missgeschicke geschehen«, so eine Stellungnahme der Rebellen. An Reparaturarbeiten sollen die internationalen Ölgiganten bis dahin gar nicht erst denken. »Bis Oktober 2016 werden wir der Welt unsere Währung, unsere Flagge, unseren Pass, unseren eigenen Rat und unser eigenes Gebiet präsentieren«, heißt es selbstbewusst von Seiten der neuen militanten Gruppe. Buhari entgegnete mit dem Befehl an sein Militär, die Gruppe unverzüglich zu eliminieren.

Doch bisher sieht es nicht so aus, als sei ein nahes Ende der ökonomischen Abwärtsspirale in Sicht. Verteidigungsminister General Rabe Abubakar sagte gegenüber »Punch«: »Was sie da tun, ist wirtschaftliche Sabotage, wirtschaftlicher Terrorismus.« Buhari habe klare Order gegeben, so dass mit den Rebellen ebenso hart umgesprungen werden würde, wie mit der islamistischen Miliz Boko Haram. Das Nigerdelta versuchte bereits im sogenannten Biafra-Krieg 1967 bis 1970, sich von Nigeria zu lösen. Der brutale Einsatz der Armee soll damals mehr als zwei Millionen Menschen das Leben gekostet haben.

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