So weiß wie die Füllung einer Kinderschokolade
Robert D. Meyer über rassistische Stimmungmache gegen dunkelhäutige Fußballspieler
Als Pegida-Anhänger hat man es im Leben nicht wirklich leicht: In wenigen Tagen beginnt die Fußball-EM in Frankreich und spätestens dann wird an vielen Orten (wie Dresden) optisch nicht mehr zu unterscheiden sein, ob der schwarz-rot-gelbe Fahnenschwenker nun eigentlich zum Public Viewing pilgert oder Lutz Bachmanns Hasstiraden lauschen will. In vielen Fällen lässt sich das Eine mit dem Anderen gewiss terminlich verknüpfen. Am späten Nachmittag mit Pegida gegen Geflüchtete und Muslime pöbeln, am Abend polternd in den Biergarten einmarschieren und von der Heimatfront aus einen deutschen Sieg über Polen herbeigrölen.
Überzeugte völkische Nationalisten haben nun allerdings erhebliche Zweifel angemeldet, ob Deutschlandfahne und Fußballnationalmannschaft ihrer rassistischen wie nationalistischen Ideologie entsprechend noch miteinander in Einklang zu bringen sind. Heimatlose Nationalisten? Auslöser für die Überlegungen war ausgerechnet eine PR-Aktion für Kinderschokolade. Süßigkeitengigant Ferrero schmeichelt sich mit einer Werbekampagne – wie schon 2005 – in die Herzen unreflektierter Partypatrioten. In den kommenden Wochen zieren die Gesichter einiger Nationalspieler der Nationalmannschaft aus Kindertagen die Frontseite der Verpackungen. Zu sehen sind unter anderem auch zwei junge Kicker in spe mit dunklerer Hautfarbe. Nein, nicht Kinderarbeiter auf den Kakaoplantagen, über deren Lebensbedingungen man sich zurecht aufregen müsste, wäre da nicht der verführerische Geschmack zart schmelzender Kinderschokolade auf der Zunge.
In Wahrheit zeigen die Fotos die Nationalspieler Ilkay Gündogan und Jerome Boateng. Das wollen oder können unter anderem die Betreiber des Facebookprofils von »Pegida BW – Bodensee« nicht erkennen und hetzen drauf los: »Vor Nichts wird Halt gemacht. Gibt's die echt so zu kaufen? Oder ist das ein Scherz?«, heißt es in einem Beitrag der Gruppe, die es immerhin auf 14.000 »Freunde« bringt. In den Kommentaren darunter wird wahlweise zum Boykott gegen Ferrero oder die schleichende »Political Correctness« aufgerufen. Für Ewigverlorene ist Deutschland tatsächlich ein homogen weißes, blauäugiges Land, dessen Hautfarbe keinesfalls vom hellen Ton der Cremefüllung einer Kinderschokolade abweichen darf. Hersteller Ferrero distanziert sich »ausdrücklich von jeglicher Form von Fremdenfeindlichkeit oder Diskriminierung.«
Spätestens zum Anstoß beim ersten Public Viewing wird sich der Zorn der selbst ernannten Abendlandretter wieder gelegt haben. Schließlich stehen Gündogan und Boateng auf »unserer« Seite und nicht bei den »Anderen«. Was das wohl für ein Bild abgeben würde, wenn Pegidas, AfD- und Unionspolitiker gemeinsam im Biergarten EM schauen? In diesem Fall würde Fußball tatsächlich Menschen vereinen.
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