Wagenknecht: Neoliberale befeuern Verrohung

Zweiter Tag des Parteitags der Linken in Magdeburg: Neuer Linken-Vorstand ist komplett / Bartsch: Wir reden zu wenig über unsere Erfolge / Ältestenrat kritisiert Dämonisierung der DDR / Riexinger für rot-rot-grünen Präsidenten-Kandidaten / Der Newsblog

  • Lesedauer: 17 Min.

Update 16.25 Uhr: SPD-Fraktionschef: »Da fehlt jede Klärung«
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, hat sich nun auch zum Bundesparteitag der Linken geäußert - auf dem war viel von den Sozialdemokraten die Rede. Meist in kritischer Absicht. Das geht nun retour: »Auch nach dem Parteitag fehlt jede Klärung, wohin die Linkspartei eigentlich will«, so Oppermann. Er warf Sahra Wagenknecht vor »die rhetorische Annäherung an die AfD« zu suchen, zum Rest der Linken sagte der SPD-Mann, sie würde »den Linkspopulismus« zelebrieren.

Update 15.45 Uhr: Höhn dankt zum Schluss des Parteitags
Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn hat zum Schluss des Parteitags sehr vielen Menschen zu danken – Firmen, Ehrenamtlichen, Mitarbeitern. Es gibt einen Blumenstrauß für die Leiterin des Org-Büros. Und nun ist: Schluss. Auch wir verabschieden uns.

Update 15.30 Uhr: Religionspolitik – nein: Schluss der Debatte
Um die Religionspolitik drehen sich gleich mehrere Anträge, im Vorfeld des Parteitags sorgten diese bereits für einigen Streit. Der Parteivorstand hat vorgeschlagen, eine religionspolitische Kommission einzusetzen - diese soll die widerstreitenden Positionen einbeziehen und »Entscheidungen zu verschiedenen Fragen der Religion vorbereiten und begleiten«. Da dieser der »weitestgehende« Antrag ist, wird nun zuerst darüber abgestimmt. Aber Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn hat einen GO-Antrag – es sei nicht angemessen, so ein wichtiges Thema abzuhandeln. Man habe vereinbart, um 15.30 Uhr die Debatte zu beenden. Das stößt auf Kritik beim Sächsischen Landesverband, der sich für einweitgehendes Laizismus-Verständnis einsetzt. Man möge doch diesen Antrag nun noch entscheiden. Doch der GO-Antrag von Höhn setzt sich durch. Das provoziert mehrere persönliche Erklärungen von Delegierten – weil zu wenig Raum für die Anträge aus der Partei auf so einem Parteitag sei. »Die Fokussierung auf den Parteivorstand ist nicht in Ordnung«, sagt Tilman van Loos. Er spricht von einer Vorstandsshow, ein Parteitag habe »gar nicht stattgefunden«.

Update 15.15 Uhr: Kipping: Große Koalition produziert Abstiegsängste
In Magdeburg geht die Antragsberatung nun noch weiter. Derweil kommen neue Meldungen herein. Zum Beispiel diese: Die Linkspartei will deutlicher als bislang die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland zum Thema machen. Man wolle »massiven Reichtum begrenzen«, erklärte Parteivorsitzende Katja Kipping im Fernsehsender phoenix. Abstiegsängste bei vielen Menschen würden nicht wegen Flüchtlingen um sich greifen, sondern aufgrund der Politik der Großen Koalition. »Wenn es Erwerbslosen und Rentnern schlecht geht und sie Angst vor Armut haben, dann liegt das nicht an den Geflüchteten, die zu uns kommen, sondern an einer Sozialabbaupolitik der Bundesregierung«, so Kipping weiter.

Update 14.55 Uhr: Linke bekräftigt Solidarität mit der HDP
Alican Önlu hat Grüße der HDP überbracht und dankt für linke Solidarität mit der kurdischen Bevölkerung und ihrem Widerstand. Das Ende der Rede wird von Rufen »Hoch, die Internationale Solidarität« begleitet. Der Parteitag beschließt sodann eine entsprechende Resolution, in der zwei Anträge zusammengefasst sind.

Update 14.45 Uhr: Der aus dem Ruder gelaufene Zeitplan regiert
Sahra Wagenknecht hat viel Applaus erhalten und sogar um Abbruch des Beifalls gebeten – wegen des engen Zeitplans. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn kündigt zudem an, dass der Bericht der Europafraktion ausfällt, die Abgeordneten hätten dies angesichts der vorgerückten Zeit angeboten. Nun soll noch ein kurdischer Genosse sprechen und danach geht es noch einmal kurz in die Antragsberatung. Eigentlich sollte der Parteitag in knapp einer Stunde enden.

Update 14.25 Uhr: Wagenknecht: Wir sind nicht Teil eines Parteienlagers
Dann kommt Wagenknecht auf die Wahlniederlagen der Linken zu sprechen. Die Ergebnisse seien schmerzhaft gewesen, nun komme es darauf an, die Lehren daraus zu ziehen. Die Fraktionschefin setzt auf »klare Position und Eigenständigkeit« als Voraussetzung dafür, wieder Wähler zurückzugewinnen. »Die Linke ist nicht Teil irgendwelcher imaginärer Lager von Parteien ist, die den Leuten die Rente kürzt.« Das habe die Partei zu wenig klargemacht. Wagenknecht kritisiert dabei auch jene Wahlkämpfe der eigenen Partei, »die zu stark auf Regierung ausgerichtet waren«. Sie verweist auf Offerten aus den eigenen Reihen an die SPD vor dem Parteitag zur Kooperation - wir haben der SPD doch immer angeboten, mit uns einen echten Politikwechsel hin zu sozialer Gerechtigkeit zu stemmen. Aber die Partei von Sigmar Gabriel wolle das doch gar nicht. »Ich sehe eine SPD, die in der Großen Koalition versauert«, wo sie nur ein zu kargen Mindestlohn durchgesetzt habe. Vor diesem Hintergrund sei es »absurd«, Debatten darüber zu führen, dass man der SPD mehr Angebote machen müsse: »So gewinnt man doch das Vertrauen der Wähler nicht zurück, so verspielt man Vertrauen«, so Wagenknecht. »Wir können uns die SPD doch nicht backen. Sie ist, wie sie ist. Was wir können ist, unsere Eigenständigkeit und unser eigenes Profil in den Vordergrund zu stellen.« Man werde »nicht Teil einer linken Regierung, indem man immer nur darüber schwätzt. Man muss dafür gesellschaftlichen Druck aufbauen«, so Wagenknecht.

Update 14.15 Uhr: Wagenknecht: Neoliberale befeuern Verrohung
Viele könnten »mit Demokratie nicht mehr viel anfangen, weil ständig Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung gemacht wird«. So entstehe eine Stimmung, die davon lebt, dass immer mehr denken: Demokratie tauge nicht. Die Rechtsaußen-Partei AfD profitiere davon, dass der Eindruck entsteht, sie sei die einzige Kraft, die gegen die anderen Parteien stehe. Das aber sei falsch: Die meisten anderen Parteien seien wirtschaftspolitisch AfD-nah - und die Linkspartei die einzige echte Alternative. Der Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner reagierte auf Twitter umgehend: »Die Aussage hat das Niveau einer Schokotorte«. Die Verachtung von Schwachen, Armen, Migranten sei nicht einfach nur eine rechte Ideologie, sie werde von neoliberaler Stimmungsmache befördert, die auch bei den so genannten etablierten Parteien dominiere. Wagenknecht verweist auf Hartz IV, auf eine Politik, die Armut befördert hat – und diese werde eben auch von SPD und Grünen mitunterstützt. Es sei neoliberale Politik, die die Verrohung in der Gesellschaft befördert. Kern neoliberaler Politik sei es, »Menschen in Unsicherheit zu bringen«. Die Rente etwa sichere heute viele mehr im Alter nicht mehr ab. Wagenknecht nennt es einen »Skandal, dass 40 Prozent der Alleinerziehenden Hartz-IV-Bezieher sind« und bringt ihre Empörung darüber zum Ausdruck, dass die Bundesregierung bei diesen sogar noch kürzt.

Update 14.05 Uhr: Wagenknecht dankt für Solidaritätsbekundungen
Zu Beginn ihrer Rede kommt Sahra Wagenknecht zunächst einmal auf den Tortenwurf vom Samstag zurück - und sie bedankt sich für die vielen Solidaritätsbekdungen aus den eigenen Reihen. »Das hat unglaublich gut getan«, sagt sie. Zu »der Aktion« sei »eigentlich alles gesagt«, so die Fraktionschefin. Mit Blick auf die Unkenrufe, die es nach der Wahl von ihr und Dietmar Bartsch an die Fraktionsspitze gegeben hatte, sagt sie, die Wirklichkeit habe diese dementiert. Es mache »unglaublich Spaß« mit der neuen Fraktionsspitze zusammenzuarbeiten. Das wolle sie gern auch fortführen. Dann wird es aktuell: Wagenknecht nennt die Äußerungen von AfD-Vize Alexander Gauland über den Fußballspieler Boateng »zum Kotzen«, kritisiert »durchgeknallte Pedigisten« in scharfer Form und verweist auf die ihrer Meinung nach bestehende Mehrheit, die eben nicht den »rechten Hetzern« folgt. Die »Halbnazis«, die da Stimmung machten, seien aber »Produkte« gesellschaftlicher Zustände: »Die Ursache ist doch, dass wir seit Jahrzehnten eine neoliberale Politik haben, die alles dafür tut, den sozialen Zusammenhalt zu zerstören und den Sozialstaat kaputtmacht. Das ist doch der Kern: eine Politik, die dem Raubtierkapitalismus den Weg freigemacht hat.« Die Verachtung von Schwachen, Armen, Migranten sei nicht einfach nur eine rechte Ideologie, sie werde von neoliberaler Stimmungsmache befördert, die auch bei den so genannten etablierten Parteien dominiere. Wagenknecht verweist auf Hartz IV, auf eine Politik, die Armut befördert hat – und diese werde eben auch von SPD und Grünen mitunterstützt. Es sei neoliberale Politik, die die Verrohung in der Gesellschaft befördert. Kern neoliberaler Politik sei es, »Menschen in Unsicherheit zu bringen«. Die Rente etwa sichere heute viele mehr im Alter nicht mehr ab. Wagenknecht nennt es einen »Skandal, dass 40 Prozent der Alleinerziehenden Hartz-IV-Bezieher sind« und bringt ihre Empörung darüber zum Ausdruck, dass die Bundesregierung bei diesen sogar noch kürzt.

Update 13.55 Uhr: Nun redet Sahra Wagenknecht
Nach der Abstimmung über den Leitantrag 3 steht nun die Rede von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht auf dem Programm. Sie war nach dem Tortenwurf am Samstag mit stehenden Innovationen wieder in der Halle begrüßt worden. Vor dem Parteitag hatte es freilich auch in der Partei viele Diskussionen über Äußerungen von ihr gegeben.

Update 13.20 Uhr: Und nun wieder: Antragsdebatte
Jetzt stehen Ändeurngsanträge zum dritten Leitantrag zur Debatte.

Update 13.10 Uhr: Linken-Vorstand ist komplett
Etwas Verwirrung - vor allem bei uns - gab es dann doch bei den Wahlen. Aber nun ist der Vorstand gewählt, es gab doch keine Wiederholung. In der zweiten Runde wurden Raul Zelik (254 Stimmen, 46,4%), Janis Ehling /248, 45,2%), Christian Schaft (211, 38,5%), Harald Wolf (228, 41,6%), Klaus Lederer (236, 43,1%), Arne Brix (242, 44,2%), Dominic Heilig (229, 41,8%), Heinz Bierbaum (214, 39,1%), Ralf Krämer (208, 38%), Thies Gleiss (208, 38%) und Harri Grünberg (207, 37,8%) gewählt. In der Stichwahl setzte sich Xaver Merk mit 297 Stimmen (55,2%) gegen Steffen Bockhahn (201 Stimmen, 37,4%) durch. Alle Ergebnisse der Wahlen von gestern und heute finden sich hier. Zum Glück ist jetzt erst einmal Pause.

Update 12.55 Uhr: Wahlgang muss wiederholt werden – oder?
Weil ein Name auf der Liste fehlte, muss der zweite Wahlgang wiederholt werden. Heißt es. Nun wird aber erst einmal eine Stichwahl durchgeführt – zwischen Xaver Merk und Steffen Bockhahn, die Stimmengleichheit im zweiten Wahlgang waren. Wir sind, zugegeben, ein bisschen orientierungslos gerade. Was aber wird danach wiederholt?

Update 12.40 Uhr: Fünf schaffen es im ersten Wahlgang
Bei den Wahlen der »gemischten Liste« haben es fünf Kandidaten im ersten Wahlgang geschafft: Jan van Aken erhielt 381 Stimmen, das entspricht 68,6 Prozent. Ali Al-Dailami erhielt 324 Stimmen (58,4 Prozent), Frank Tempel erzielte 301 Voten (54,2 Prozent), für Ilja Seifert stimmten 298 Delegierte (53,7 Prozent) und Andrej Hunko bekam 278 Stimmen (50,2 Prozent).

Update 12 Uhr: Vorstellung der Kandidaten dauert an
Bevor der Eindruck ensteht, wir seien eingeschlafen: Wir lauschen den Vorstellungsreden. Bei 26 Kandidaten, die auf die Bühne müssen, dauert das ne Weile.

Update 10 Uhr: Und nun wieder – Wahlen
Jetzt werden weitere 17 Plätze im Linken-Vorstand besetzt. Frauen, die gestern nicht gewählt wurden, könnten erneut auf der gemischten Liste antreten. Gudrun Schumaqnn und Julia Bonk werden das auch tun. Auf der nun zur Wahl stehenden Liste stehen darüber hinaus 26 Kandidaten. Das reformsozialistische Lager hat seinen Bundessprecher Dominic Heilig aufgestellt. Für die Sozialistische Linke bewirbt sich unter anderem Ralf Krämer. Aus den Reihen der Antikapitalistischen Linken kandidiert unter anderem Thies Gleiss. Auch der Schriftsteller Raul Zelik wird kandidieren. »Eine Karriere soll es nicht werden, und gesellschaftliche Aufbrüche bleiben wichtiger als Institutionen«, so Zelik. Er wolle sich zur Wahl stellen, »weil ich den Eindruck habe, dass der Umbruchprozess, in dem sich die LINKE befindet, eine echte Chance darstellt«.

Update 9.55 Uhr: Bartsch: Wir reden zu wenig über unsere Erfolge
Bartsch pocht darauf, mehr auf eigene Erfolge stolz zu sein und auch darüber zu reden. Er verweist zum Beispiel auf Zugewinne bei Wahlen in städtischen Räumen. Dieses Land gehört nicht Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Dieses Land brauche eine Alternative: »Holen wir es uns zurück«, so Bartsch in seiner ersten Parteitagsrede als Fraktionschef. »Nun stehe ich heute hier zum ersten Mal als Vorsitzender der Bundestagsfraktion«, sagt Bartsch - der sich bedankt bei Abgeordneten und Mitarbeitern für Mitarbeit, Unterstützung konstruktive Kritik. Bartsch dankt dann auch Gregor Gysi, »für eine handlungsfähige Fraktion, die er Sahra und mir übergeben hat«. Mit Blick auf die Spekulationen, ob die neue Doppelspitze überhaupt zusammenhalten könne, sagte Bartsch: »Das klappt«. Man habe für plurale, konstruktiven Debatten gesorgt. »Die Mächtigen darf man nicht einfach machen lassen. Man muss ihnen auf die Finger schauen«, umreißt er das Selbstverständnis der Parlamentslinken - und erweist zugleich den Mitgliedern Dank: Ohne die Basis »würden wir nicht im Bundestag sitzen«. Bartsch macht dann einen kleinen Parforceritt durch den politischen Themenladen: soziale Ungleichheit, Kriege und Fluchtursachen, Europakrise, die Linken in Spanien und Griechenland. Und immer wieder ein Wort in seiner Rede: »Haltung«. Bartsch forderte die Linken auf, »nach Niederlagen wieder aufzustehen«. Das könne die Partei, »ich weiß, wovon ich Rede«, so der Fraktionschef mit Blick auf frühere Wahlniederlagen. Und Bartsch weiß auch, wie er, der als »Reformer« in der Partei gilt, Signale an den Flügel senden kann, der sich links davon verortet: Es sei »ganz ganz wichtig, über die Eigentumsfrage zu reden, weil es um eine andere Ordnung der Gesellschaft geht«. »Dieses Land gehört nicht Angela Merkel und Sigmar Gabriel«, ruft Bartsch am Ende seiner Rede. Dieses Land brauche eine Alternative: »Holen wir es uns zurück.«

Update 9.40 Uhr: Bartsch: Wir sind die aktivste Fraktion
Nun spricht Dietmar Bartsch - er beginnt mit Zahlen über die Anträge, Anfragen und Initiativen der Linken im Bundestag. Es sei ja bisher »unüblich« gewesen, dass bei einem Parteitag über die Arbeit der Bundestagsfraktion berichtet worden. Ein Wink Richtung Gregor Gysi, der sonst auf Parteitagen sprach, aber vor allem programmatische Reden hielt? Bartsch weiter: »Wir sind gemeinsam mit der Partei draußen bei den Menschen«, sagt Bartsch. »Die Fraktion ist Euer Instrument, und ich sage: Ein kraftvolles Instrument, um die Politik unserer Partei sichtbar zu machen.« Bartsch verwies darauf, dass die Linke »immer Haltung beweisen« habe. Man habe gegen die Anti-Asylgesetze ebenso einmütig gestimmt wie gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Update 9.25 Uhr: Ältestenrat kritisiert Dämonisierung der DDR
Hans Modrow hat in seinen Anmerkungen zum Bericht des Ältestenrates indirekt die Thüringer Linkspartei kritisiert. In der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus werde auch auf »plumpen Antikommunismus« gesetzt, dazu trage auch eine Dämonisierung der DDR bei - Teile der Linken seien »bis in Regierungsbeteiligungen daran beteiligt«, so der frühere Ministerpräsident und Europapolitiker. Modrow forderte in seiner Rede zur Fortsetzung mit dem »revolutionären Prozess auf Kuba« und warnte vor den Folgen der »historischen Zäsur« kapitalistischer Entwicklung, die von neoliberaler Politik bestimmt sei. Modrow zitierte Helmut Schmidts Wort vom »Raubtierkapitalismus« und redete den Delegierten ins gewissen, die Gefahr »faschistischer Lösungen« der Krise bestehe immer noch. Mit Blick auf die Debatte über die Strategie der Linken äußerte sich Modrow kritisch: Es dürfe nicht passieren, dass »eine Elite« in der Partei nun zwar Aufrufe zur Diskussion abgebe, diese aber nicht in der Breite der Partei stattfinde. Sollte dies so bleiben, so Modrow, dann werde die Linke nicht die Stärke und nicht das Fundament in der Gesellschaft wiederentwickeln, die in der gegenwärtigen Lage nötig sei.

Update 9.15 Uhr: Debatte über rot-rot-grünen Kanzlerkandidaten
Nach einem Vorstoß von Ex-Fraktionschef Gregor Gysi, der sich offen für einen gemeinsamen Kanzlerkandidaten von SPD, Grünen und Linken gezeigt hatte, kommen unterschiedliche Reaktionen aus der Partei. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte dem Sender Phoenix, »wir brauchen mit Herrn Gabriel - und auf ihn würde es ja hinauslaufen - so wie er derzeit Politik macht, keinen gemeinsamen Kanzlerkandidaten, sondern wir brauchen eine gemeinsame linke Politik«. Eine soziale Wende und mehr Gerechtigkeit seien in der Bundesrepublik nötig, »aber dafür fehlt der SPD der Mumm«. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Jan Korte, sagte dagegen zu Gysis Vorschlag, »das ist eine schlaue Überlegung, zu gucken, wie man aus einem rot-rot-grünen Bündnis reale Politik machen kann, um etwas zu verändern«. Schließlich sei eine andere Machtperspektive kaum realistisch. Dass dieses Szenario derzeit nicht weiterkomme, »liegt im Moment an der SPD«, sagte Korte. Doch auch die Linkspartei habe Fehler gemacht, was die Landtagswahlen in diesem Jahr gezeigt hätten. Man wende zu wenig Zeit für die echten Probleme der Menschen vor Ort auf. »Wir waren schon mal besser in diesen Fragen«, so Korte, der von seiner Partei mehr Engagement verlangte. »Wir müssen ein Stück weit frecher werden, allerdings bedenken, dass Verbalradikalismus nicht weiter hilft, sondern ins Aus führt.« Gysi hatte vor einigen Tagen gesagt, er könne sich »durchaus einen gemeinsamen Kandidaten vorstellen. Der böte eine echte Alternative«, sagte Gysi dem RedaktionsNetzwerk. Zuvor müssten sich die drei Parteien laut Gysi allerdings auf einige elementare gemeinsame Punkte verständigen. Er nannte die Haltung zu Waffenexporten, künftigen Kriegen, prekärer Beschäftigung, zur Rente und zu ökologischer Nachhaltigkeit. »Jeder kämpft für sich, aber in diesen Fragen wäre man sich schon einig«, so Gysi. Die Bündnisfrage ist für Gysi nicht zuletzt eine Frage des Widerstands gegen die Rechtsaußen-Partei AfD. »Wenn wir die Union nicht in die Opposition schicken«, so Gysi in den Zeitungen, »werden wir auch die AfD nicht los.«

Update 9 Uhr: Kritik von Hans Modrow
Der Parteitag in Magdeburg startet mit Berichten in den zweiten Tag: Bundesausschuss, Ältestenrat und Fraktionschef Dietmar Bartsch sprechen zu den Delegierten. In seiner Rede dürfte Hans Modrow, der Vorsitzende des Ältestenrates einiges an Kritik loswerden. In dem breites vorgelegten Bericht des Gremiums heißt es mit Blick auf ein Papier der Linkenvorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, »außerhalb der demokratischen Regeln wird nun vor dem Parteitag ohne Debatte ein Dokument ›Revolution für soziale Gerechtigkeit und Demokratie‹ als Vorschlag für eine offensivere Strategie der LINKEN in die Öffentlichkeit gebracht. Dieses Papier konterkariert selbst die Formel des Zuhörens. Strategie und Politik werden von oben verkündet, kritische Analysen z. B. über die jüngsten Wahlergebnisse und den Wandlungsprozess in der bundesdeutschen und europäischen Gesellschaft gibt es nicht, konstruktiv-kritische Hinweise aus der Mitgliedschaft der Partei finden kaum Beachtung.« Der Ältestenrat hat deshalb an den Vorstand appelliert, »eine Parteidiskussion mit allen Mitgliedern über Profil und Strategie der Partei DIE LINKE zu führen, die Ergebnisse darzustellen und entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen«.

Update 8.50 Uhr: Wie lief der erste Tag?
Ein Tortenwurf auf Sahra Wagenknecht, eine jeden Zeitplan sprengende Beratung der Delegierten und keine Überraschungen bei den Wahlen für die Linken-Spitze - das war der erste Tag des Linkenparteitags in Magdeburg. Wie der ablief, ist hier im Newsblog noch einmal nachzulesen.

Update 8.40 Uhr: Riexinger für rot-rot-grünen Gauck-Nachfolger
Linkenchef Bernd Riexinger hat sich für einen gemeinsamen rot-rot-grünen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten ausgesprochen. Kurz vor der erwarteten Entscheidung von Amtsinhaber Joachim Gauck über eine zweite Amtszeit sagte er der »Bild am Sonntag«: »Bundespräsidentenwahlen sind immer Vorboten für einen Politikwechsel. Wir fordern SPD und Grüne auf, mit uns einen gemeinsamen Kandidaten oder besser noch eine Kandidatin aufzustellen.« Die nächste Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung findet am 12. Februar 2017 statt. Union und SPD wollen Gauck für eine weitere Amtszeit gewinnen. Der Präsident selbst hat seine Entscheidung für den Frühsommer angekündigt. Der 76-Jährige hat die Frage gestellt, ob er den Belastungen des Amtes im hohen Alter gewachsen sei.

Update 8.30 Uhr: Bartsch: Konsequente Auseinandersetzung mit der AfD
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat seine Partei zu klarer Kante gegen die AfD aufgerufen. »Wir müssen die konsequente Auseinandersetzung mit der AfD annehmen«, sagte Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. Diesen Auftrag habe den Linken auch der Parteitag in Magdeburg mit auf den Weg gegeben. Bereits am Samstag hatten sich die Linken per Beschluss der knapp 600 Delegierten auf einen offensiven Kurs gegen einen Rechtsruck in Deutschland festgelegt. Die Linken machen die Bundesregierung für den Erfolg der rechtskonservativen Partei und von rechtspopulistischen Bewegungen mitverantwortlich. Denn Schwarz-Rot verweigere sich einer sozialen Politik und erzeuge so Frust und Ängste. »Wir müssen noch deutlicher machen, dass wir die Alternative zur großen Koalition im Bund sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sind«, sagte Bartsch. Das Kernthema der Partei bleibe die soziale Gerechtigkeit. »Auch wegen der AfD ist es ein Auftrag an uns, deutlich zu machen, dass wir die Vertreterin ostdeutscher Interessen sind«, betonte Bartsch zudem.

Der zweite Tag: Wahlen und Anträge
Nach einer ziemlichen langen Beratungsnacht am Samstag - und dem traditionellen Delegiertentanz - geht es am Sonntag mit Wahlen zur Männer-Liste für den Vorstand weiter. Zudem diskutieren die Delegierten einen dritten Leitantrag, der sich um die Friedensfrage, außenpolitische Positionen und das Verhältnis zu Russland dreht. Das Papier des Vorstands stellt sich gegen Bundeswehreinsätze und wirft der Bundesregierung eine Militarisierung der Außenpolitik vor. Bundespräsident Joachim Gauck kritisieren die Linken in dem Antrag dafür, die Bevölkerung auf eine entsprechende neue Rolle in der Welt eingestimmt zu haben. Die Unterstützung des Kampfes gegen die Terrormiliz IS müsse beendet werden.

Nachtrag zu den Wahlen am Samstagabend
Am Samstagabend ist noch die »Liste zur Sicherung der Mindestquotierung« gewählt worden - in den erweiterten Parteivorstand wurden im ersten Wahlgang entsandt Judith Benda, Christine Buchholz, Katharina Dahme, Kerstin Köditz, Franziska Riekewald, Miriam Strunge, Daniela Trochowski. In der Stichwahl setzten sich dann Nina Eumann, Ruth Firmenich, Katalin Gennburg, Claudia Haydt, Sabine Leidig, Anja Mayer, Luise Neuhaus-Wartenberg, Lucy Redler, Johanna Scheringer-Wright, Claudia Sprengel, Marika Tändler-Walenta und Dagmar Zoschke durch. nd/mit Agenturen

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