EU erhöht Druck beim Freihandel
Umstrittene TTIP-Verhandlungen sollen Thema bei Gipfeltreffen werden / Brüssel will Handelspakt samt Investorenschutz mit Mexiko erneuern
Brüssel. Die Zukunft der umstrittenen Freihandelsgespräche mit den USA soll Thema beim EU-Gipfel Ende Juni werden. Nach Einschätzung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sei es an der Zeit, dass die Staats- und Regierungschefs erneut darüber diskutierten, wo die Verhandlungen über TTIP stehen und wohin sie führen sollen, sagte ein Sprecher am Montag in Brüssel. »Wir müssen sicher stellen, dass wird alle in dieselbe Richtung rudern.«
Die Gespräche über das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) waren zuletzt durch das Bekanntwerden geheimer Verhandlungspapiere schwer belastet worden. Verbraucher- und Umweltschützer werteten die Dokumente als weiteren Beleg dafür, dass durch das Abkommen europäische Standards gesenkt werden könnten. Die EU-Kommission und die Bundesregierung widersprechen dieser Sichtweise. Sie betonen, dass die EU keine Verwässerung von Standards akzeptieren werde.
Eine Grundsatzeinigung über TTIP sollte eigentlich bis Ende dieses Jahres stehen. In etlichen EU-Staaten gibt es aber mittlerweile große Zweifel, ob der von der Poltik angedachte Fahrplan angesichts der noch immer weit auseinanderliegenden Positionen von EU und USA haltbar ist. Die für die EU verhandelnde EU-Kommission will jetzt von den Staats- und Regierungschefs ein klares Signal, dass sie weiter hinter dem Vorhaben stehen.
Unterdessen gab die EU-Kommission bekannt, dass bestehende Handelsabkommen mit Mexiko erneuern zu wollen. »Wir werden danach schauen, das neue System des Investorenschutzes zu haben«, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nach einem Gespräch mit dem mexikanischen Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo Villarreal am Montag in Brüssel.
Mexiko sieht das Thema Investorenschutz positiv. Bereits jetzt habe das Land Investorenschutzabkommen mit 16 der 28 EU-Staaten, sagte Guajardo in Brüssel. Dies habe sehr dabei geholfen, Vertrauen für europäischen Unternehmen in Mexiko aufzubauen. »Wir werden die neuen Ideen, die entwickelt worden sind, wohlwollend und mit positiver Einstellung ansehen«, sagte der Minister zum Investorenschutz in bilateralen Handelsabkommen und einem möglichen internationalen Handelsgerichtshof.
Investorenschutz in Handelsabkommen ist umstritten, weil Kritiker darin eine Paralleljustiz sehen, mit deren Hilfe Unternehmen Staaten verklagen und unter Druck setzen können. Die EU hat deshalb in den Abkommen TTIP und CETA mit den USA und Kanada einen reformierten Investorenschutz vorgeschlagen, der unter anderem öffentlich bestellte Richter vorsieht. Den Kritikern geht das aber nicht weit genug.
Das gegenwärtige Handelsabkommen mit Mexiko enthalte noch keinen Abschnitt über den Investorenschutz, sagte Malmströms Sprecher später auf Anfrage. Die EU und Mexiko wollen den Angaben vom Montag zufolge ab Mitte Juni über die Erneuerung und Erweiterung ihres bisherigen Abkommens aus dem Jahr 1997 verhandeln. Dabei soll es neben dem Investorenschutz unter anderem um Zollsenkungen, die Märkte für Dienstleistungen und die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen im jeweils anderen Wirtschaftsblock gehen. Agenturen/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.