Tarifchaos auf dem Mobilfunkmarkt

Einsteiger und Umsteiger haben die Qual der Wahl

  • Lesedauer: 3 Min.
Die gute Nachricht vorneweg: Seit Anfang Mai ist das Telefonieren und mobile Surfen im europäischen Ausland billiger. Damit passen sich die Preise immer stärker dem im Inland gültigen Tarifniveau an.

Damit ist die gute Nachricht aber noch nicht zu Ende: Am 15. Juni 2017 ist endgültig Schluss: Keine Extrakosten mehr für das Durchschleusen von Telefonaten und Daten durch andere Netze. Herumschlendern wie zu Hause, »roam like at home«, heißt dann die Devise.

Doch der Tarifdschungel hat zugenommen. Das Streunen durch Netze ist für Handy- und Smartphone-Nutzer nicht einfacher geworden, wenn man nach passenden Tarifen sucht. Auch wenn die Preise heute keinesfalls mehr Schrecken auslösen und Roamingkosten im EU-Ausland bald ganz verschwinden, hat die Transparenz auf dem Markt mit der Ausbreitung der mobilen Datennutzung stark gelitten.

Netzbetreiber wie Telekom, Telefonica O2 und Vodafone stehen einer Vielzahl von Anbietern gegenüber, die im Discountgeschäft stark sind. Sie heißen Aldi-Talk und Simyo, Blau, Otelo, Base oder Smartmobile. Sie funken in den Netzen der Großen und sind zum Teil selber deren Billigableger (Congstar, Base, Otelo). Aldi-Talk und Congstar gehören zu den größten Anbietern mit vier bis fünf Millionen Kunden.

Inzwischen schätzen Experten den Anteil des preissensiblen Marktsegments auf mehr als 40 Prozent. Auch hier setzen die Anbieter alles auf die mobile Datenkommunikation und grenzen sich bei ihren Tarifen voneinander ab.

Dass die Preise weiter in den Keller fallen, erwarten die Experten nicht. Die Netzbetreiber argumentieren, dass sie sich refinanzieren müssten und Geld für den Netzausbau benötigen.

Für die Nutzer wird es trotzdem schwieriger, die Angebote vergleichbar zu machen: Flat-Tarife für alle Netze, Minuten-, Daten- oder SMS-Pakete, Bonusregelungen und Freimonate, mit und ohne Datenautomatik, Laufzeitvertrag oder monatliche Kündigungsfristen, Tarife mit und ohne neues Smartphone - kurz: Der Einsteiger oder Umsteiger hat die Qual der Wahl.

Den passenden Tarif zu finden, ist aus Sicht von Verbraucherschützern heutzutage angesichts vieler Tarifmodelle ein großes Problem von Smartphone-Nutzern. »Vor der Auswahl sollte ein Kunde immer genau sein bisheriges Nutzerverhalten überprüfen«, empfiehlt Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Stellschraube für die Anbieter werden immer mehr das bestellte Datenvolumen und die Übertragungsgeschwindigkeiten. Doch für den wenig erfahrenen Smartphone-Besitzer ist es eine Kunst, bei der Tarifwahl das passende Datenvolumen zu schätzen.

Christian Schiele vom Internet-Vergleichsportal Verivox ist indes überzeugt: »Aus unserer Sicht ist die Situation für die Verbraucher positiv«, auch nach dem Zusammenschluss von Telefónica und E-Plus. »Wenn sich der Markt differenziert, zeigen sich die Wahlmöglichkeiten oft klarer als zuvor.« Dass durch die Fusion ein Preisumschwung eingesetzt hat, ist allerdings angesichts der Vielfalt der Tarife kaum zu belegen.

Höhere Preise werden heute verknüpft mit mehr Leistung wie Datenvolumen oder Geschwindigkeiten. Der Markt sei gespalten, sagen Kenner, in ein gehobenes Segment, in welchem die Netzbetreiber die Preiserosion aufhielten. Aber es gebe weiterhin Anbieter, die sehr preisaggressiv im Online-Vertrieb vorgingen.

Von daher ist der Rat an die Verbraucher nur immer wieder zu wiederholen: Prüfen Sie das Nutzerverhalten und die Preise der verschiedenen Netzbetreiber. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!