Gewonnen, aber noch nicht gesiegt
Der letzte »Super Tuesday« bringt Hillary Clinton auf den Weg zur Präsidentschaftskandidatur der Demokraten
Beim letzten »Super Tuesday« der Vorwahlsaison ging der Grand Prix Kalifornien mit der US-weit größten Anzahl an Parteitagsdelegierten an Hillary Clinton. Nach Auszählung fast aller Wahlbezirke lag sie mit 56 Prozent der Wählerstimmen deutlich vor ihrem Herausforderer Bernie Sanders mit 43 Prozent. Auch im Ostküstenstaat New Jersey, wo sie über 60 Prozent erhielt, sowie in New Mexico und South Dakota setzte sie sich durch. Noch vor der Bekanntgabe der Ergebnisse in Kalifornien bezeichnete Clinton vor Anhängern in ihrem Wahlkampfhauptquartier in Brooklyn die historische Bedeutung ihres Erfolges als »Meilenstein«. Zum ersten Mal »in der Geschichte unserer Nation wird eine Frau die Kandidatin einer der großen Parteien sein«, sagte sie. Dabei erinnerte sie vor jubelnden Anhängern an die lange Geschichte des Kampfes für die Gleichberechtigung der Frauen.
Die Gesamtzahl der Delegierten, die auf dem Parteitag der Demokraten Ende Juli für Clinton stimmen werden, beträgt mindestens 2184. Für Sanders werden mindestens 1804 votieren. Da Clinton die magische Grenze von 2383 Delegierten, das heißt die absolute Mehrheit, nicht erreicht hat, kann sie einen »Sieg« formal eigentlich nicht beanspruchen. Allerdings sind den parteiinternen Regelungen zufolge zusätzlich nicht gebundene Superdelegierte wahlberechtigt, die ihre Meinung jederzeit ändern können. Von ihnen hat eine übergroße Mehrheit schon vor etlichen Monaten Clinton ihre Loyalität bekundet.
Bernie Sanders, der am Dienstag nur in den kleinen Bundesstaaten Montana und North Dakota gewann, kündigte in der Wahlnacht in Kalifornien an, er werde bis zum Nominierungsparteitag um jede Stimme und jeden Delegierten weiterkämpfen. Am kommenden Dienstag finden in der Hauptstadt Washington D. C. Vorwahlen statt. Sanders hob dabei hervor, dass es um sehr viel mehr als eine Kandidatur oder die Verhinderung einer Präsidentschaft von Donald Trump gehe, nämlich darum, »unser Land zu verändern«. Im Gegensatz zu einigen ihrer Parteikollegen im US-Senat, die Sanders zum Ausscheiden anhalten, lobte Clinton ihren Herausforderer. Die Auseinandersetzung mit ihm habe sowohl der Partei wie auch den USA genützt. Dabei hob sie die Gemeinsamkeiten beider Seiten hervor.
Clinton steht vor der schwierigen Aufgabe, vor allem junge Wähler, die hinter Sanders stehen, von sich und ihrer Politik zu überzeugen, um im Hauptwahlkampf punkten zu können. Laut Umfragen ist sie ebenso wie Donald Trump bei den Wählern äußerst unbeliebt - im Gegensatz zu Sanders. Aus dessen Lager wird außerdem zurecht darauf verwiesen, dass Clinton dem rechten Lager mehr Angriffspunkte liefert, etwa die »Familien-Skandale« der Vergangenheit oder eine mögliche Anklage gegen sie aufgrund laufender FBI-Untersuchungen in der E-Mail-Affäre. Erschreckenderweise liegen Clinton und Trump in manchen Umfragen derzeit Kopf an Kopf.
Der Rechtsaußen feuerte am Dienstagabend in einer kurzen Rede auf sie eine verbale Salve ab. Sie sei die Exponentin eines manipulierten, korrupten Systems und habe als Ministerin das Außenministerium in einen »privaten Hedgefonds« verwandelt. Trump appellierte dabei erstmals direkt an die Sanders-Unterstützer, sich hinter ihn zu stellen. Clinton griff ihrerseits Trump an und sagte, er sei von seinem Temperament her zum Präsidentenamt nicht in der Lage und ein »falscher Prophet«. Sein Wahlkampfslogan »America First« suggeriere den Wunsch nach der Rückkehr zu einem Land, das rassistisch gespalten sei.
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