Im Geist der Nachkriegszeit
Aert van Riel über die vorerst nicht zustande gekommene Erklärung zum deutsch-polnischen Verhältnis
Für die Würdigung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages von 1991 gibt es viele gute Gründe. Seitdem haben sich die Beziehungen der Bundesrepublik zu ihrem östlichen Nachbarn verbessert. Die Unionsparteien wollten allerdings nun in einer Erklärung zum 25. Jahrestag des Vertrags auch die »Charta der Heimatvertriebenen« lobend erwähnen. Das war mit der SPD nicht zu machen. Sie sieht die Charta von 1950 nicht so positiv wie die Union. Das Dokument, zu dessen Erstunterzeichnern eine Reihe überzeugter Nazis gehörten, atmet nämlich den Geist der Nachkriegszeit, in der sich alte Eliten in der Bundesrepublik darum bemühten, einst begangene Verbrechen zu verharmlosen und die Deutschen als größte Opfer des Zweiten Weltkriegs darzustellen. So gelten laut Charta nicht die Juden, Polen oder Sowjetbürger, sondern die Heimatvertriebenen als die »vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen«.
Es bleibt zu hoffen, dass den Sozialdemokraten nun klarer wird, dass sie in einigen sensiblen Bereichen nicht viel mit ihrem Koalitionspartner verbindet. Nur auf die AfD zu zeigen, wenn es um die Gefahren rechtskonservativer Strömungen geht, ist nicht ausreichend. Denn ähnliche Tendenzen lassen sich auch innerhalb der Bundesregierung erkennen.
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