»Mein Kampf« als Beilage
Konservative italienische Zeitung erntet Kritik und Empörung für Veröffentlichung
Rom. Die konservative Mailänder Zeitung »Il Giornale« hat Adolf Hitlers »Mein Kampf« ihrer Samstagausgabe beigelegt und damit einen politischen Skandal in Italien ausgelöst. Das Blatt gehört Paolo Berlusconi, dem Bruder des rechtsliberalen Oppositionschefs und früheren Premiers Silvio Berlusconi, und die Veröffentlichung erfolgte mitten im Kommunalwahlkampf.
Vor allem die politische Linke reagierte empört, allen voran die Demokratische Partei (PD) von Ministerpräsident Matteo Renzi. »Ich finde es abscheulich, dass eine italienische Zeitung heute Hitlers Mein Kampf verschenkt«, schrieb Renzi auf Facebook. Der Mailänder PD-Bürgermeisterkandidat Giuseppe Sala sprach von Schande und Beleidigung aller, die gelitten hätten. Er sei froh, eine solche Zeitung gegen sich zu haben. Sein Linksbündnis SinistraX wertete die Veröffentlichung als Versuch, die radikale Rechte hinter die konservativen Kandidaten zu scharen, und schaltete die Staatsanwaltschaft gegen die »Apologie des Faschismus« ein.
»Il Giornale« bot seine Samstagsausgabe zum erhöhten Preis in Kombination mit dem Buch »Aufstieg und Fall des Dritten Reichs« des US-Journalisten William L. Shirer und einem Nachdruck der italienischen Ausgabe von Hitlers Kampfschrift von 1938. Es gehe darum, das Böse zu studieren, um zu verhindern, dass es erneut passiere, schrieb Chefredakteur Alessandro Sallusti in einem Leitartikel.
Der Präsident der Vereinigung der jüdischen Gemeinden in Italien, Renzo Gattegna, sah das anders. Die Veröffentlichung sei »Lichtjahre von aller Logik des Studiums der Schoah und der unterschiedlichen Faktoren entfernt, die die ganze Menschheit in einen bodenlosen Abgrund von Hass, Tod und Gewalt versinken ließen«, erklärte er.
Parlamentspräsidentin Laura Boldrini mahnte über Twitter zur Achtung der Erinnerung an den Holocaust. Radio Popolare rief die »antifaschistischen Bürger« auf, auf der Piazza San Fedele in Mailand das »Tagebuch der Anne Frank« zu zitieren, und wollte die Vorlesung im Rundfunk übertragen.
Sallusti erklärte, dass »Il Giornale« nur dasselbe tue wie das Institut für Zeitgeschichte in München, nachdem die Urheberrechte an Hitlers Buch erloschen seien. Das Institut hatte eine wissenschaftlich kommentierte Gesamtausgabe zum Ziel, die die Thesen und Absichten Hitlers deutlich machen und die Folgen aufzeigen soll. dpa/nd
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