Siemens auf Ausbaukurs
Der deutsche Maschinenbauer sichert sich in Bolivien wichtige Aufträge
Boliviens Präsident Evo Morales kann für seine staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik weiter auf deutsche Hilfe zählen. Von April bis Mai hat die börsennotierte Siemens AG mit Sitz in München Ausschreibungen für die Erweiterung von drei Kraftwerken in dem 11-Millionen-Einwohnerland gewinnen können. Der Auftragswert belaufe sich auf 1,168 Milliarden US-Dollar. Geliefert würden insgesamt 14 Gasturbinen, 11 Dampfturbinen und 22 Heizkessel, vermeldete Siemens jüngst in einer Presseerklärung.
Das erste Projekt ist die Aufrüstung des Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks (GuD) von 200 Megawatt auf 480 Megawatt (MW) in der Kleinstadt Warnes nahe der ostbolivianischen Millionenstadt Santa Cruz de la Sierra. Auftragshöhe: 392,5 Millionen US-Dollar. Die Anlage des staatlichen Energieversorgers ENDE Andina, war 2014 fertig gestellt worden. Ebenfalls auf 480 MW aufgerüstet wird für 378 Millionen US-Dollar das GuD-Kraftwerk Entre Ríos in Zentralbolivien. Das dritte Vorhaben ist die Ausweitung des GuD-Kraftwerks Campo Pajoso im Süden Boliviens auf 900 MW. Alle Aufträge muss Siemens bis 2019 fertigstellen. Als beteiligtes Ingenieur- und Planungsbüro wurde die spanische TSK aus Galizien beauftragt, vermeldete das spanische Wirtschaftsmagazin »Dirigentes«.
Während Linksregierungen für diese Kooperation Kritik einstecken müssen, bleibt für Siemens Geschäft gleich Geschäft. Für die Vertragsunterzeichnung der neuesten Aufträge war Vorstandschef Joe Kaeser im November 2015 zum Regierungssitz in La Paz geflogen. Mit Präsident Morales, der Bolivien zum »Energiezentrum Südamerikas« machen will statt nur Gas zu exportieren und der mit Russland zuletzt den Bau eines Forschungszentrums für Atomtechnik- und Energie in der Satellitenstadt El Alto besiegelte, einigte sich das 58-jährige Siemens-Urgestein auf den Ausbau einer vierten Anlage. Im bolivianischen Chaco soll ein GuD-Kraftwerk für 700 Millionen US-Dollar auf 1280 MW hochgebaut werden.
Entsprechend freundlich hatte sich Angela Merkel bei Morales erstem Staatsbesuch in Deutschland gezeigt. In Berlin sei »über das Thema Energie ausführlich gesprochen« worden, lobte die Kanzlerin die »beachtlichen Erfolge« des linken Staatschefs in Sachen Armutsbekämpfung und Bürgerrechte sowie das »beeindruckende Wirtschaftswachstum«. Was sie nicht sagte: Auch Venezuelas Sozialisten sind in Boliviens Energiesektor mit am Start. Der Erdölgigant PDVSA hält seit 2007 40 Prozent der Anteile an Boliviens Energiestaatskonzern.
In Südamerika steht der deutsche Maschinenbauer dennoch in der Kritik. »Klimakiller« und »Abnehmer von Rohstoffen aus menschenrechtlich zweifelhafter Produktion« kritisierte jüngst der Dachverband der Kritischen Aktionäre. »Die Siemens AG liefert noch immer Equipment, Anlagen oder Dienstleistungen an zwielichtige Energieprojekte wie Hidrosogamoso in Kolumbien oder an menschenrechtlich fragwürdige Bergbauprojekte wie die Kohlemine Cerrejón in Kolumbien und an die Kupfermine Tintaya Antapaccay in Peru.« 2008 waren die Münchener von einem US-Gericht wegen Bestechung venezolanischer Regierungsbeamter und falscher Buchhaltung in ihrer Filiale in Venezuela verurteilt worden.
Kaeser sieht das wenig überraschend anders. Die Firma halte sich an Standards und nationales Recht.
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