- Wirtschaft und Umwelt
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Flugtaxis im Japan-Pavillon
Bei der Expo in Osaka dreht sich vieles um die Kreislaufwirtschaft
Was wäre die Welt ohne Japan? Dieser Eindruck soll wohl entstehen, wenn man auf der diesjährigen Weltausstellung den Pavillon des Gastgeberlands betritt, der ab Sonntag für die Öffentlichkeit in Osaka zugänglich ist. In der runden Holzstruktur, die für den Einklang mit der Natur steht, zeigen sich Flugtaxis, humanoide Assistenzroboter und eine Sensation aus der Zellforschung: von japanischen Forscherinnen entwickelte Stammzellen, auf deren Basis sich einst menschliche Organe bauen lassen sollen. Organ gefällig? Ab nach Japan!
Ein optimistischer Blick nach vorne soll auf der Expo 2025 geboten werden. »Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der sich die Menschheit, die Natur und Technologie in perfekter Harmonie entwickeln«, heißt es beim Häuschen des Telekommunikationskonzerns NTT. Der will zeigen, wie menschliche Verbindungen, die nicht mehr durch Zeit und Raum beschränkt sind, nachhaltiger werden können: durch weniger CO2-Ausstoß, aber auch durch besseren Zusammenhalt. Eine »Geschichte des Altruismus« wird hier erzählt.
Japan als Land der Ideen und kreativen Lösungen wäre aber kaum Japan, wenn es nicht auch ein befremdlich-niedliches Maskottchen gäbe. Das offizielle Maskottchen der »Osaka Kansai Expo 2025« heißt Myaku-myaku, ist blau, menschengroß und hat fünf in alle Richtungen blickende Augen. Im Gastgeberland wurde es schon zu einem der hässlicheren Maskottchen gewählt. Aber es passt zum Inhalt: Die roten Blasen rund um die Augen stehen nämlich für die Stammzelleninnovation.
Das übergeordnete Thema dieser Weltausstellung: Lösungen für das menschliche Leben auf dem Planeten. Dabei soll es aber längst nicht nur um den Menschen selbst gehen, sondern vielmehr darum, dass der Mensch seinen Platz auf der Erde auf eine Weise einnimmt, die auch das Fortbestehen anderer Lebensformen sichert. Das Zauberwort lautet hier Kreislaufwirtschaft: die Idee, Ressourcen nach ihrer Nutzung nicht zu Müll zu erklären, sondern auf neue Weise weiterzunutzen.
Insofern könnte diese Weltausstellung auch etwas Friedensstiftendes haben. In einer Zeit, in der Staaten andere Staaten überfallen oder ihnen damit drohen, in der anderswo mit neuen Zöllen Handelskonflikte entfacht werden, zeigt die Expo: Wir alle stecken unter derselben Decke. Nicht miteinander auszukommen, ist keine Option. Um die 160 Länder und Organisationen stellen auf der Expo aus.
Der deutsche Pavillon hat das offizielle Ziel, der nachhaltigste Pavillon zu sein. Auch hier geht es um Möglichkeiten der Harmonie zwischen dem Menschen, der Technologie sowie den Systemen der Natur. Baumaterialien sollen nachhaltig sein, der verwendete Stahl nach der Veranstaltung wiederverwertet werden.
Österreich fokussiert sich dagegen auf das Zusammenspiel von Technologie und Kunst, etwa mit einem »Music & AI Hackathon«, der in der Nähe des Geländes veranstaltet wird. Der Pavillon der Schweiz hat als Hauptthema das Leben außer Haus. Outdoor-Aktivitäten, die auch durch nachhaltige Raumplanung erleichtert werden, verbessern die mentale und physische Gesundheit.
Die Liste von Staaten, die mit viel Patriotismus versuchen, bei der Expo irgendeine Art von Alleinstellungsmerkmal ihrer Nation zu zeigen, ließe sich noch lange fortführen. Zuletzt ist das Event aber auch Werbung für die Austragungsstadt Osaka, Zentrum der mit 17,5 Millionen Einwohnern zweitgrößten Metropolregion Japans, die immer im Schatten der Hauptstadt Tokio steht. Auch deshalb ist Osaka nach 1970 bereits zum zweiten Mal Japans Expo-Standort. Man hofft auf Milliardeneinnahmen durch Tourismus.
Die Veranstalter hatten das Ziel ausgegeben, vorab 14 Millionen Tickets zu verkaufen. Mitte März waren es aber nur etwas mehr als halb so viele. Laut Hirofumi Yoshimura, Gouverneur der Präfektur Osaka, ist es »unmöglich«, das Ziel noch zu erreichen. Eine Reporterin des öffentlichen Rundfunksenders NHK sagte dazu: »Viele Menschen aus Japan scheinen wenig Interesse daran zu haben, die Expo zu besuchen. Aber das liegt wohl daran, dass es noch nicht viel Information zu den Inhalten gibt.«
Ein Problem, das sich wohl noch beheben ließe, da die Ausstellung ein halbes Jahr laufen wird. Ein anderer Makel wird sich dagegen nicht mehr beheben lassen: die Logistik. Das Veranstaltungsgelände liegt auf der Insel Yumeshima, die vom Stadtzentrum aus nur bedingt erreichbar ist. Und da Tickets vorab gebucht werden müssen, wird es spontane Expo-Besuche kaum geben. Daher gilt es als schwierig, das Gesamtziel von 28,2 Millionen Besuchen zu erreichen.
Das liegt auch daran, dass mehrere Länder ihre Teilnahme abgesagt haben, unter anderem Griechenland, Mexiko, Russland, Estland, Argentinien, Afghanistan und Niger. Ein häufiger Grund: Unsicherheit, was die Kosten angeht. Zweifel, ob die Expo ein Event wird, über das man sich auch im Nachhinein noch freuen wird, gehen auch in Japan schon um.
»Von den Betriebskosten in Höhe von 116 Milliarden Yen (721,9 Millionen Euro) sollen mehr als 80 Prozent durch Ticketverkäufe gedeckt werden«, analysierte die führende Tageszeitung »Asahi Shimbun«. Es sei noch nicht entschieden, wer das Defizit decken wird, falls die Expo rote Zahlen schreibt. Als mahnendes Beispiel gilt in Japan schon jetzt die Expo 2000 in Hannover: Dort wurden Verluste in Höhe von 2,1 Milliarden D-Mark letztlich durch Steuergelder getragen.
Das übergeordnete Thema dieser Weltausstellung: Lösungen für das menschliche Leben auf dem Planeten.
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