Falsche Identität schützt Spitzel vor Gericht
Bund-Länder-Gruppe befasst sich mit Straftaten ausländischer Spione in Deutschland
Er legte Feuer und kam davon. Der britische Polizeispitzel Mark Kennedy hatte 2007 unter falscher Identität in Berlin eine Mülltonne angezündet. Es kam zwar zu einem Verfahren und Kennedy vor Gericht, aber der Prozess wurde eingestellt. Dass es sich bei dem Täter um einen Spion handelte, war während des Prozesses nicht festgestellt worden. Der Abgeordnete Christoph Lauer findet, der Fall müsse neu aufgerollt werden und steltle eine schriftlichen Anfrage an den Senat. In seiner Antwort erklärte die Senatsverwaltung für Inneres allerdings, Urteile gegen Polizeispitzel, die vor der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht ihre wahre Identität geheim halten, haben Bestand. Lauer reicht das nicht. Er fordert weitere Aufklärung. »Der Fall Stone ist eine riesige Sauerei«, sagte der Politiker gegenüber »nd«. »In Großbritannien wird ihm jetzt offensichtlich der Prozess gemacht. Es gibt Untersuchungen und Entschädigungszahlungen. Das brauchen wir in Hamburg und Berlin jetzt auch.«
Der Ex-Polizist war sieben Jahre lang auf Umweltschützer, Globalisierungsgegner und Hausbesetzer angesetzt und nach bisherigen Kenntnissen in mindestens zehn Ländern der EU aktiv. Während seiner Einsätze beging er auch Straftaten. Die deutsche Regierung fordert nun von britischer Seite, mehr Licht in den Fall zu bringen.
Der dortige Untersuchungsausschuss, der sich mit den Folgen von verdeckten Polizeieinsätzen in Großbritannien auseinandersetzt, soll nach dem Wunsch der Bundesregierung auch auf verdeckte Operationen der britischen Polizei in Deutschland ausgedehnt werden. Der Untersuchungsausschuss wurde vor rund einem Jahr im Vereinigten Königreich eingesetzt, nachdem bekannt geworden war, dass der Spitzel Kennedy während seiner Einsätze unter falscher Identität mit mehreren weiblichen Aktivistinnen intime Beziehungen eingegangen war.
Kennedy hatte sich in Berlin mehrere Jahre lang aufgehalten und dabei auch sexuelle Beziehungen zu Aktivistinnen gepflegt. Eine Britin gab laut »Spiegel Online« an, in der Hauptstadt zwei Jahre mit ihm eine intime Beziehung gehabt zu haben. Er besuchte unter dem Namen »Mark Stone« mehrmals linke Privatwohnungen und ging in Szenetreffs ein und aus. Die britische Polizei hatte zuletzt zugegeben, seit 1968 mindestens 460 politische Gruppen infiltriert zu haben, auch in Berlin. In Deutschland sind verdeckten Ermittlern Straftaten und Sexualkontakte im Dienst nicht gestattet. Laut »Tagesspiegel« beschäftigt sich eine »Bund-Länder-Arbeitsgruppe« zur »Qualitätssicherung« mit der Frage, wie dies auch für ausländische Spione umgesetzt werden kann.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.