Rebellion der Odenwälder SPD ist gescheitert
Ein Unterbezirk wollte den Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel loswerden. Doch nun haben lokale Funktionäre das Vorhaben gestoppt
Der Vorstoß der Odenwälder SPD zur Abwahl Sigmar Gabriels als Parteichef hatte im April bundesweit ein starkes mediales Echo ausgelöst, nachdem ein Unterbezirksparteitag einen entsprechenden Antrag der Parteijugend Jusos im Kreis mit 80 Prozent der Delegiertenstimmen angenommen hatte. Einen Auslöser und Hintergrund des Antrags bildeten katastrophale Wahlergebnisse und Umfragewerte für die älteste politische Partei Deutschlands. Wesentlich mit verantwortlich hierfür sei Gabriel, so der Odenwälder Juso-Vorsitzende Joshua Seger. Der Parteichef führe die SPD an den Abgrund und repräsentiere mit seinen Positionen etwa zur Vorratsdatenspeicherung und zum Freihandelsabkommen TTIP nicht die Ansicht der Parteibasis, so Seger. »Gabriel möchte eine neue rote CDU schaffen, das ist der falsche Weg«, bemängelt der Juso und Kreistagsabgeordnete. Der Parteichef, Wirtschaftsminister und Vizekanzler habe die SPD »an den Rand der Bedeutungslosigkeit gebracht«, bügele gerne Kritiker ab und habe die parteiinterne Linke »mundtot« gemacht. Eine glaubhafte Kurskorrektur weg vom Neoliberalismus sei mit ihm nicht möglich. Gabriel war beim Bundesparteitag Ende 2015 ohne Gegenkandidat mit nur 74,3 Prozent der Delegiertenstimmen in seinem Amt bestätigt worden.
»Die SPD ist nicht mehr die Partei des kleinen Mannes und der kleinen Frau, sie steht nicht mehr für das Konzept einer gerechten Gesellschaft und hat ihren Kurs seit der Agenda 2010 nicht sinnvoll geändert. Das Ergebnis ist nun eine ehemalige Volkspartei, die sich im Überlebenskampf befindet.« So lautete die Antragsbegründung. »Die Unzufriedenheit an der Basis ist enorm, in den Unterbezirken in ganz Deutschland rumort es«, so Segers Diagnose. Dass der Odenwälder Antrag bei den Delegierten des mit 39.000 Mitgliedern in 18 Landkreisen und kreisfreien Städten einflussreichen Bezirks Hessen-Süd am Sonnabend kaum Echo fand, führte Seger auf die Zusammensetzung der rund 250 Parteitagsdelegierten zurück. »Das war nicht die Basis. Das waren Funktionäre. Auf Kommunalebene gibt es das leider auch zuhauf«, erklärte er nach der Abstimmung im sozialen Netzwerk Facebook. »Auch in Südhessen ist vieles betoniert. Titanisches Prinzip, es wird gefeiert bis zum Untergang, aber nur auf dem Oberdeck«, pflichtet ihm der langjährige SPD-Funktionär und Bürgermeister Michael Helbig aus dem Städtchen Lindenfels im südhessischen Landkreis Bergstraße bei. Angesichts des öffentlichen Echos für den Antrag ist Seger immerhin mit einem Ergebnis zufrieden: »Wir haben unseren Standpunkt klarmachen können.«
Die Odenwälder SPD hat rund 1200 Mitglieder und kann sich zugutehalten, dass sie bei der zurückliegenden landesweiten Kommunalwahl Anfang März als einziger Unterbezirk in einem hessischen Landkreis prozentual und absolut klare Zugewinne verbuchen konnte. Sie konnte ihren Anteil um einen Prozentpunkt auf 35,1 Prozent steigern. Demgegenüber sank hessenweit der SPD-Anteil von 31,5 auf 28,5 Prozent.
Unterdessen versucht die südhessische SPD ein Jahr vor der Bundestagswahl mit vorsichtiger Kritik an Rentenkürzungen und Riester-Rente sowie mit Vorschlägen für eine Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Art Bürgerversicherung unter Einschluss von Berufspolitikern, Freiberuflern, Selbstständigen und Beamten verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
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