Dennoch ein Anstieg der Abtreibungen
Die rezeptfreie »Pille danach«
Seit Jahren nimmt die Zahl der Abtreibungen kontinuierlich ab - so auch 2015 um 0,5 Prozent. Doch die Statistik kann auch anders gelesen werden, sagen Frauenärzte. Danach gab es im Verlauf des vergangenen Jahres sehr wohl eine Trendwende - nämlich hin zu einem neuerlichen Anstieg der Schwangerschaftsabbrüche.
Wie lesen Frauenärzte die Zahlen des Statistischen Bundesamtes?
Einnahme: Die »Pille danach« sollte innerhalb von 12 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Danach geht ihre Wirkung allmählich zurück. Präparate mit dem Wirkstoff Levonorgestrel sind für die Einnahme bis maximal 72 Stunden nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr zugelassen, das Präparat mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat bis maximal 120 Stunden danach. Nach über 120 Stunden ist es für die »Pille danach« zu spät.
Preise: Präparate mit dem Wirkstoff Levonorgestrel kosten etwa ab 18 Euro, das Präparat Ulipristalacetat etwa ab 35 Euro. Auch nach der Entlassung der »Pille danach« aus der Verschreibungspflicht werden die Kosten bei gesetzlich versicherten Frauen unter 20 Jahren von der Krankenkasse übernommen. Die Voraussetzung ist, dass sie sich die »Pille danach« ärztlich verschreiben lassen. 18- und 19-Jährige müssen die Rezeptgebühr selbst tragen. nd
Der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring, argumentiert so: Der Rückgang setzte sich nur im ersten Quartal 2015 fort. In den Quartalen zwei bis vier habe es im Vergleich zum Vorjahr wieder mehr Schwangerschaftsabbrüche gegeben. Das hänge zeitlich mit der Rezeptfreiheit der »Pille danach« seit Mitte März 2015 zusammen, also dem Verkauf der Notfallverhütung nach ungeschütztem Sex am Apothekenschalter und damit ohne jede fachärztliche Beratung.
Wie entwickelte sich der Absatz der Pille danach?
Im Februar 2015 lag der Absatz der »Pille danach« noch bei etwas mehr als 38 000 Packungen. Nach dem März 2015, also ab dem zweiten Quartal, schnellte er hoch und erreichte im August 2015 mit mehr als 62 000 Packungen einen Höchststand. Im September ging er dann wieder zurück auf gut 55 800, um bis Ende des Jahres 2015 auf etwas mehr als 61 000 zu steigen. Der Absatz nahm also seit dem zweiten Quartal 2015 von 38 000 auf im Schnitt 60 000 zu.
Sind Mädchen und Frauen leichtsinniger geworden?
Die Statistik lässt eine solche Vermutung nicht wirklich zu. Die Alterskurve bei den Abtreibungen 2015 unterscheidet sich nicht wesentlich von den Vorjahren. Die Zahl der Abtreibungen nimmt ab 20 Jahren zu auf gut 24 000 im Alter von 25 bis 30 Jahren und fällt dann bis 40 wieder deutlich ab. dpa/nd
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