Polizei hilft Verfassungsschutz mit Spitzeltechnik
Geheimdienst borgt sich Drohnen, Spürhunde und Überwachungsprogramme / LINKE: »Trennungsgebot ist längst passe«
Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird in technischen Angelegenheiten von der Bundespolizei unterstützt. Dies ergab die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs des Bundesinnenministeriums, Günter Krings, auf eine Schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Martina Renner. Die Zusammenarbeit der Behörden erfolge laut dem Papier »auf dem Gebiet der Funktechnik«. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Bundespolizeipräsidium mit dem Inlandsgeheimdienst gründe auf der »Organleihe« aus dem Bundespolizeigesetz.
Die Anfrage von Renner bezog sich auf die Jahre 2014 und 2015, einzelne Fallzahlen sind laut Krings dafür aber nicht verfügbar. Es handele sich bei der Zusammenarbeit um »Daueraufgaben, die regelmäßig wahrgenommen werden«. Die Bundespolizei habe darüber hinaus in drei Fällen »elektronische Daten«, die vom Verfassungsschutz »im Rahmen eigener Befugnisse erhoben« worden waren, bearbeitet und lesbar gemacht. Um welche Daten es sich dabei handelte und ob diese verschlüsselt waren, ist nicht bekannt. Der Blog »Netzpolitik.org« vermutet, dass die Amtshilfe mit »Analysewerkzeugen« in der digitalen Forensik von Mobiltelefonen bestand. Die Bundespolizei nutze laut den Experten hierfür unter anderem Software der Firma Cellebrite.
Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, forderte der Verfassungsschutz zusätzlich in mindestens einem Fall einen Sprengstoffspürhund der Bundespolizei an. Später wurden auch eine »mobile Fahndungseinheit« sowie eine Drohne der Polizei mitsamt des notwendigen Personals eingesetzt. Aus dem Schreiben geht jedoch nicht hervor, wofür der Verfassungsschutz die Technik einsetzte.
Der Inlandsgeheimdienst verfügt in Deutschland normalerweise über keine polizeilichen Befugnisse. Er darf weder Personen festnehmen noch beispielsweise Wohnungen durchsuchen. Strafverfolgung und Gefahrenabwehr ist grundsätzlich Aufgabe der Polizeibehörden. Die Abgeordnete Martina Renner zeigte sich demnach auch unzufrieden über die Antwort des Staatssekretärs: »Amtshilfe darf in diesem Fall kein Vehikel sein, um das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten zu unterlaufen«, sagte die Politikerin gegenüber »nd«. Dank Unterstützung durch die Bundespolizei hätte das Bundesamt für Verfassungsschutz schon einmal den Einsatz von Drohnen testen können, obwohl ihm dafür jede Rechtsgrundlage gefehlt habe. »Doch auch andere Hilfseinsätze der Bundespolizei lassen darauf schließen, dass der Verfassungsschutz sich weit auf das Feld der konkreten Gefahrenabwehr vorwagt.« Die Erfassung von Funkanlagen würde ebenfalls dem Trennungsgebot widersprechen, so die Abgeordnete.
Martina Renner kritisierte zudem, dass sich die Bundesregierung bisher zur Kooperation der Behörden nicht geäußert hat: »Wir haben es also mit einer weiteren black box in der Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten in Deutschland zu tun.«
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