Berlin beerdigt Zeitplan für Kohleausstieg
Im Klimaschutzplan 2050 kommen keine konkreten Ziele mehr vor
Berlin. Kohlekraftwerke sind hierzulande für über 43 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen bei der Energiegewinnung verantwortlich. Bei der Stromgewinnung sind es sogar 80 Prozent der Emissionen. Doch in einem zwischen Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium abgestimmten Entwurf zum Klimaschutzplan 2050, der am Mittwoch geleakt wurde, sind jegliche konkreten Aussagen über einen möglichen Kohleausstieg gestrichen. Noch diesen Sommer will die Bundesregierung ihn beschließen.
Mit dem Klimaschutzplan 2050 will Schwarz-Rot sich eigentlich zum Ende 2015 verabschiedeten Weltklimaabkommen von Paris bekennen. Darin verpflichteten sich 175 Staaten völkerrechtlich bindend auf das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Zudem legten die Staaten fest, dass sie in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts zu einer treibhausgasneutralen Energiegewinnung übergehen wollen.
»Was wir im ersten Sommer nach dem Wintermärchen von Paris erleben ist ein herber Tiefschlag«, meint nun die klimapolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, Eva Bulling-Schröter. Sei der erste bekannt gewordene Entwurf vom Klimaschutzplan 2050 aus dem Umweltministerium »kein Wunderwerk«, aber immerhin »etwas ambitionierter als Business-as-usual« gewesen, so sei das jetzt vorliegende Papier »völlig gerupft aus dem Wirtschaftsministerium« rausgekommen.
»Die Stromerzeugung auf Basis von Kohle muss somit schon deutlich vor 2050 beendet werden«, hatte es noch in einem im April bekannt gewordenen Entwurf geheißen. Nun wurde dieser Satz gestrichen. Auch von einer Halbierung der Emissionen der Energiewirtschaft bis 2030 ist keine Rede mehr.
Im neuen Entwurf schreibt die Bundesregierung nur noch, dass die Kohleverstromung im Zuge der Energiewende »schrittweise an Bedeutung ab und die Erneuerbaren Energien an Bedeutung zunehmen« werden. Ihre Zurückhaltung bezüglich konkreter Aussagen begründet sie damit, dass es auch für Deutschland »nicht möglich und notwendig« sei, »bereits heute im Detail festzulegen, wie in allen Einzelheiten die Klimaschutzziele bis 2050 erreicht werden sollen«.
»Damit verpasst die Bundesregierung die Chance, einen klaren Orientierungsrahmen für Investoren und Politik zu geben«, erklärt Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch und fordert, dass ein Kohleausstieg bis spätestens 2035 vereinbart wird oder eine Mengenbegrenzung für noch zu verbrennende Kohle festgelegt werden. spo
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.