Sauberes Austria

Roland Etzel sieht nach der Wiener Notbremse auch Fragen an Berlin

  • Lesedauer: 2 Min.

Bei Lichte besehen hatte der Wiener Verfassungsgerichtshof keinen Ermessensspielraum: Wenn es mit den Briefwahl-Urnen tatsächlich zugegangen ist wie im K.u.k-Komödiantenstadel, konnten die Richter schlechterdings nur auf Neuwahl erkennen – sofern sie ihren Auftrag, Demokratie und Verfassung zu schützen, ernstnehmen. Und offensichtlich tun sie das.

Es gibt für beide Kandidaten die zweite Chance, und dafür müssten den Richtern alle Österreicher dankbar sein, nicht zuletzt der Sieger der nun annullierten Runde, dem ansonsten der ewige Makel eines eventuell durch Manipulation ins Amt gelangten Präsidenten angehaftet hätte. Van der Bellen gilt schließlich als integre politische Persönlichkeit. Es hätte ihm – ganz anders etwa als 2000 dem US-Präsidentschaftskandidaten George Bush jun. – womöglich einiges ausgemacht, sich trotz nachgewiesener heftiger Unregelmäßigkeiten bar jeglicher Selbstzweifel als Sieger zu präsentieren.

Hierzulande fragte man, ob die Schlamperei wohl gerichtsnotorisch geworden wäre, wenn es kein so knappes Wahlergebnis gegeben hätte. Für die deutsche Politik sollte es eher ein Denkzettel sein, sich endlich dem Unrat im eigenen Hohen Hause zu stellen. Zum Beispiel den unsäglichen Pairing-Absprachen im Bundestag, bei denen Abgeordnete das Kärtchen des Kollegen von der Konkurrenz mit in die Urne werfen, damit dieser nicht anwesend sein muss. Vom Bundestagspräsidium ist das nie auch nur gerügt worden als das was es war und ist: Betrug am Wähler.

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