Bundeswehr - chronisch klamm und rechtsdrehend kaputt

Fehlkalkulationen im Verteidigungshaushalt und nicht-flugfähige Militärtransporter - von der Leyen braucht offenbar viel mehr Geld

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Alarmmeldungen zur aktuellen Unterfinanzierung der Bundeswehr machen die Runde. Einige haben reale Hintergründe. Doch irgendwie wird der Finanzminister schon mehr Geld locker machen.

Im Verteidigungsetat fehlen bis 2020 mehr als vier Milliarden Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Grünen-Haushalts- und Verteidigungsexperten Tobias Lindner hervor. Der ist als penibler Nachrechner bekannt. Das Verteidigungsministerium hatte in den Haushaltsberatungen von 2016 bis 2020 ursprünglich 14,2 Milliarden Euro zusätzlich gefordert. In diesem Ansatz seien aber weder kommende Lohnsteigerungen noch die Zusatzausgaben für die Personal- und Cyberabwehrpläne berücksichtigt, heißt es in der Antwort des Verteidigungsministeriums. Zugleich beruhigt man den Abgeordneten: Es werde im kommenden Haushaltsjahr gelingen, »die steigenden Betriebsausgaben zu finanzieren und im Bereich der Rüstungsinvestitionen weitere dringend notwendigen Impulse zu setzen«. Die bereits im vergangenen Jahr eingeleitete Trendwende hinsichtlich des Fähigkeitserhalts und Fähigkeitsaufbaus könne fortgesetzt werden. »Ebenso sollte der erste moderate Mehrbedarf im Jahr 2017 für die Trendwende Personal ... finanzierbar sein.«

Könnte, sollte, vermutlich, wahrscheinlich - solche Vokabeln in einem Bericht über Finanzen klingen nicht seriös. Zudem ist es keine zwei Wochen her, da hatte die Kanzlerin vor CDU-Industriellen überraschend verlangt, Deutschland müsse sein Verteidigungsbudget spürbar erhöhen. Immerhin hätten sich die NATO-Staaten beim vergangenen Gipfel in Wales auferlegt, zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung einzusetzen. Mehr noch, sie hielt urplötzlich die Ausgaben der USA, die 3,4 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, für eine Richtschnur.

Demgegenüber schreibt das Verteidigungsressort, für das Jahr 2017 ergebe sich ein Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP von 1,2 Prozent. »In den Folgejahren fällt dieser nach den jetzigen Prognosen und Werten leicht ab.«

Will ausgerechnet das Verteidigungsministerium unter Ursula von der Leyen (CDU) der Kanzlerin in die Parade fahren? Können sich Militärgegner bereits freuen, dass die Bundeswehr ihre Aufrüstung bremsen muss? Wohl kaum. Denn auch das lässt sich in der Antwort an Tobias Lindner herauslesen: »Die Verhandlungen mit dem BMF über den Regierungsentwurf zum Haushalt 2017 und den Finanzplan bis 2020 laufen derzeit noch und sollen ihren Abschluss mit dem Kabinettbeschluss am 6. Juli 2016 finden.«

Das klingt sehr danach, als würde der Kassenwart von Merkel und von der Leyen, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), bereits Mittel und Wege gefunden haben, um das Manko auszugleichen. Man wird sehen, was im Kabinettschluss vom kommenden Mittwoch zu lesen ist.

Dabei gibt es auch zahlreiche Möglichkeiten zur Einsparung oder zum Umschichten von Finanzmitteln. Solche bietet der offenbar durch und durch verkorkste Militärtransporter A400M von Airbus. 40 soll die Bundeswehr erhalten. Drei dieser Maschinen hat die Bundeswehr bislang erhalten - natürlich zu spät, zu teuer und nicht mit den geforderten Fähigkeiten. Seit langem bekannt sind die Getriebeprobleme vor allem bei den rechtsdrehenden Propellerturbinen. Seit Donnerstag ist es nun amtlich: Zwei der drei Maschinen müssen wegen eben dieser Getriebeschäden vorerst am Boden bleiben. Dabei hatte der Hersteller - nach Vorfällen bei anderen Betreibernationen - den Gebrauchswert der Transporter bereits selbst extrem nach unten gefahren. Nach den ersten 100 Flugstunden müssen die Getriebe der jeweils vier Turbinen alle 20 Flugstunden auf Materialschäden untersucht werden. Damit sind weitreichende Flüge beispielsweise zur Versorgung der Bundeswehrtruppen in Mali oder Afghanistan nicht denkbar.

Airbus wird die Getriebe tauschen. Auf eigene Kosten. Doch dadurch fehlen die Triebwerke in der laufenden Produktion. Wann und wie viele A400M an die Bundeswehr ausgeliefert werden, steht in den Sternen. Noch unterdrückt man im Verteidigungsministerium Forderungen nach Kauf oder Leasing von Transportmaschinen aus US-Produktion. Doch die dauerhafte und wachsende Inanspruchnahme von kommerziellen Airlines zu Versorgung der eigenen Truppen, reißt weitere Löcher in den ohnehin nicht ausbilanzierten Haushalt des Verteidigungsministerium.

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