Gold ist kein sicherer Hafen
Geldanlage (Teil 1)
Ein Zuhörer empfiehlt dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der Staat solle doch alle Steuereinnahmen zeitweise in Gold anlegen. Dann hätte der Fiskus ausgesorgt. Diese Episode mit einem neunmalklugen »Finanzexperten« in der hamburgischen Börse ist Jahre her. Damals näherte sich der Goldkurs der 2000-Dollar-Marke. Davon ist er inzwischen weit entfernt. Erst kürzlich knackte der Goldpreis endlich wieder die »psychologisch« wichtige Marke von 1300 US-Dollar.
Immerhin wurde damit im Mai die höchste Notierung seit Januar 2015 erreicht. Zum Preisanstieg haben hohe Zuflüsse in Goldanlagen beigetragen, schreiben die Analysten der Commerzbank. Außerdem dürfte die anhaltend lockere Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken dem Goldpreis Unterstützung gegeben haben. Und die Rahmenbedingungen blieben günstig: In den USA dürften die Zinsen länger auf dem aktuell niedrigen Niveau bleiben; und in Europa wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Geldpolitik in absehbarer Zeit wohl weiter lockern.
Durch die niedrigen Zinsen erscheint die Hoffnung auf einen steigenden Goldkurs verlockend. Doch die Bankexperten schicken gleich eine Warnung hinterher, wie man sie auch von Verbraucherschützern hören kann. Der aktuelle Preisanstieg sei auf »ein starkes spekulatives Kaufinteresse« zurückzuführen und stehe »auf wackeligen Beinen«.
»Goldstandard« ist Geschichte
Der Goldpreis hängt von vielen Faktoren ab - private Kleinsparer können sie nicht überschauen. So haben sich viele Notenbanken in den vergangenen Jahren von Teilen ihrer Goldbestände getrennt.
Denn der früher übliche »Goldstandard« ist längst Geschichte. Ein bestimmter Goldwert der Währung wird nicht mehr garantiert. Doch im zweiten Halbjahr 2015 haben die Zentralbanken ihre Bestände, wenngleich nur leicht, wieder aufgestockt, meldet das World Gold Council, der Dachverband der Goldindustrie.
Auch die »physische« Nachfrage spielt eine Rolle. So steigt im Herbst häufig der Kurs, weil in Indien die Hochzeitssaison beginnt, zu der traditionell viel Gold verschenkt wird.
Anderseits wächst das Angebot kaum, weil die Produktion der Minen in Ländern wie Mexiko, Kanada oder Südafrika nur wenig steigt oder sogar zurückgefahren wird. Die Ausweitung der Produktion wird nach jahrzehntelanger Exploration immer komplizierter und damit teurer.
Schon ein Rückgang auf 1200 USD je Feinunze (31,1 Gramm) könnte viele Minen unrentabel machen. Dabei schafft der stark mechanisierte Abbau von Gold- und Kupfererzen laut deutschem Rohstoffamt BGR »nur wenige Arbeitsplätze«. Die Förderung in Deutschland beträgt übrigens nur 10 Kilogramm.
Unter Manipulationsverdacht
Seit 1919 wird der Goldpreis in der britischen Hauptstadt festgelegt - hinter verschlossenen Türen. Täglich kommen Vertreter der sechs »Bullionbanken« bei der Londoner Bullion Market Association (LBMA) um halb elf sowie um drei Uhr Ortszeit zusammen - heutzutage telefonisch - und legen den Richtwert in Dollar fest. »Bullion« steht für ungemünztes Edelmetall.
Dieses »Fixing« dient als Richtwert für andere Marktakteure wie Edelmetallhändler, Unternehmen und Zentralbanken. An diesem quasi offiziellen Goldkurs wirken aber nur ganz wenige Geldgiganten mit, darunter die britisch-asiatische HSBC und die Deutsche Bank. Da nur ein kleiner Kreis entscheidet, gilt das Fixing als durchaus anfällig für Manipulationen.
Kleinanleger dürften von solchen kurzzeitigen Markteingriffen kaum betroffen werden. Sie zahlen jedoch beim (physischen) Gold ohnehin drauf: Der Preis, den Edelmetallhändler verlangen, liegt regelmäßig über dem »offiziellen« Kurs. Heikel bleibt auch, dass der Goldpreis in Dollar ermittelt wird. Für deutsche Sparer ist der Wechselkurs daher fast ebenso wichtig wie der Goldkurs.
Möglichkeiten, »in Gold« anzulegen, gibt es viele. Sie können physisches Gold als Barren, Münzen oder Schmuck kaufen. Sie können Aktien von Unternehmen aus der Goldbranche erwerben oder Anteile an Investmentfonds, die in Wertpapiere aus dem Goldsektor anlegen.
Ebenso können Anleger ihr Geld in Gold-Indexfonds (ETF) stecken. Ein Indexfonds bildet einen Index passiv nach, ohne selbst aktiv in Gold zu investieren. Das spart Kosten für ein teures Management und verspricht so unterm Strich eine höhere Rendite. Außerdem werden von Banken und Finanzvertrieben Gold-Zertifikate angeboten. Zertifikate sind reine Wetten auf den Goldkurs zwischen Anleger und Bank.
Egal, in welches Produkt sie »investieren«, eines gilt immer: Gold ist eine unsichere Geldanlage. Davon zeigte sich damals auch Peer Steinbrück in Hamburg überzeugt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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