Tengelmann-Deal vorerst gestoppt
Gericht bezweifelt Gabriels Neutralität bei der Erteilung der Ministerialerlaubnis
Eigentlich schien die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka durch zu sein. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte mit seiner Ministerialerlaubnis höchstpersönlich grünes Licht erteilt. Am Dienstag hat jedoch das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Fusion gestoppt. Geklagt hatte der Rewe-Konzern, der selbst ein Auge auf die rund 450 Tengelmann-Supermärkte hatte.
Mit der Fusion würde Edeka seine Vormachtstellung auf dem deutschen Lebensmittelmarkt weiter ausbauen. Mit einem Umsatz von 48,3 Milliarden Euro ist sie dort noch weit vor Rewe (28,6 Milliarden Euro) und der Schwarz-Gruppe (28 Milliarden Euro) die Nummer eins. Dies hatte auch dem Bundeskartellamt zu denken gegeben, das den Zusammenschluss im März 2015 untersagte. Die Befürchtung: Durch die beabsichtigte Fusion würde es zu erheblichen Wettbewerbsbeschränkungen sowohl auf der Absatzseite in Regionen wie Oberbayern und Berlin als auch auf den Beschaffungsmärkten kommen.
Die Edeka-Gruppe, zu der auch der Discounter Netto gehört, hatte daraufhin eine Ministerialerlaubnis beantragt. Dies ist ein äußerst sparsam eingesetztes Mittel, um die Voten des Kartellamtes zu umgehen. Bisher wurden erst 22 solcher Bitten beantragt und neun Mal erteilt. Die Monopolkommission riet Gabriel von einem Ja ab. Er setzte sich darüber hinweg. Der damalige Kommissionschef Daniel Zimmer trat aus Protest zurück. Rewe klagte. Das Oberlandesgericht setzte nun Gabriels Erlaubnis außer Kraft. Sie erweise sich schon nach einer vorläufigen Prüfung als rechtswidrig, erklärte das Gericht. Bis zu einem abschließendem Urteil in den kommenden Monaten liegt die Fusion damit auf Eis.
Der erste Grund, der angeführt wird: Gabriel sei bei seiner Entscheidung befangen gewesen. Wie sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens herausgestellt habe, gab es im Dezember 2015 zwei geheime »Sechs-Augen-Gespräche« zwischen Gabriel, Edeka-Chef Markus Mosa und Tengelmann-Miteigentümer Karl-Erivan Haub. Was die drei damals besprachen, war nicht »aktenkundig gemacht worden«. Und Edeka-Konkurrent Rewe blieb außen vor. Gabriel habe damit »die für ein transparentes, objektives und faires Verfahren unverzichtbare Einbeziehung und Information aller Verfahrensbeteiligten unterlassen«, urteilten die Richter.
Zudem hegen sie Zweifel an Gabriels Begründung für seine Erlaubnis. Diese gab er erst, als Edeka den Erhalt fast aller 16.000 Tengelmann-Arbeitsplätze und die Einhaltung von Tarifverträgen zusicherte. Doch das Gericht meint zum einen, dass der Erhalt von Angestelltenrechten kein Gemeinwohlbelang sei, das eine solche Erlaubnis rechtfertige. Zum anderen sei die Arbeitsplatzsicherung nicht gewährleistet. Denn die Äußerungen Edekas bis zum Ende der Verhandlungen würden darauf schließen lassen, dass die Fusion mit einem erheblichen Personalabbau verbunden sein müsse. Auch ließen die Auflagen genug Schlupflöcher, »die einen Arbeitsplatzabbau auch innerhalb des zu sichernden Fünf-Jahres-Zeitraums mit Zustimmung der Tarifparteien zuließen«.
Gabriels Ministerium weist den Vorwurf der Befangenheit zurück. Die beiden Sechs-Augen-Gepsräche seien »im Rahmen eines solchen Verfahrens üblich, möglich und zulässig«, teilte es mit.
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