Preiskampf auf dem Fernbusmarkt
Kleine Busunternehmen kündigen die Zusammenarbeit mit Marktführer Flixbus
Hannover. Viele mittelständische Fernbus-Partnerunternehmen verlassen die Fernbusbranche. Nach Recherchen des NDR-Fernsehmagazins »Hallo Niedersachsen«, das seinen Bericht heute Abend ausstrahlt, beendeten bundesweit mehr als 20 Firmen die Kooperation mit Marktführer Flixbus. Buspartner haben zum Teil hohe Verluste eingefahren. So sprach das Hamburger Unternehmen Elite Traffic von einem Minus von zwei Millionen Euro, bevor man den Vertrag mit Flixbus kündigte.
Dies sei die »Konsequenz des katastrophalen Preiskampfes auf dem Fernbusliniensektor«, sagte der Betriebsleiter von Elite Traffic, Sebastian Reimers. Er sehe die Ursache der wirtschaftlichen Probleme von mittelständischen Buspartnern in niedrigen Ticketpreisen, deren Folgen auf Subunternehmen abgewälzt würden: »Es werden neue Fahrzeuge verlangt, es werden ausgeruhte Fahrer verlangt, es wird die Einhaltung der Sozialvorschriften verlangt. Und dafür sind die Preise zu günstig.« Gegenüber dem NDR bestreitet Flixbus schriftlich diese Vorwürfe.
Linien mit langen Fahrstrecken, auf denen Busunternehmen üblicherweise eine Mehr-Fahrer-Besatzung einsetzen würden, werden teilweise mit nur einem Fahrer bedient. Gegenüber dem NDR berichtet ein Fahrer von einem solchen Fall aus einem Subunternehmen »Der Schmidt« aus Wolfenbüttel: Angesichts der extremen Belastung seien ihm bei voller Fahrt die Augen zugefallen. Er habe den Bus zwischen den Haltestellen verlassen müssen, weil er sich übergeben habe und ihm schwarz vor Augen geworden sei. Ihm wurde Arbeitsverweigerung vorgeworfen.
Sein ehemaliger Arbeitgeber weist die Vorwürfe gegenüber dem NDR schriftlich zurück. Der Mitarbeiter habe »nicht im Interesse der allgemeinen Betriebssicherheit gehandelt«. Zudem sei er bei der betreffenden Fahrt mit einem »2. Fahrer (...) auf der Brüssel Tour unterwegs gewesen«. Für 2014 soll die Firma noch ein hohes Bußgeld wegen 720 größtenteils schwerer Verstöße zahlen. Der Prüfungszeitraum betrug drei Monate. Schmidt räumt die damaligen Verstöße ein, inzwischen übererfülle man die Vorschriften.
Der Verband Mobifair, der sich für faire Arbeitsbedingen in der Verkehrsbranche einsetzt, erwartet, dass noch mehr mittelständische Partner-Unternehmen aus dem Fernbus-Geschäft aussteigen. Geschäftsführer Helmut Diener zufolge sähen Busunternehmer keine Möglichkeit, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und gleichzeitig Gewinne zu machen. Mobifair hat Polizeikontrollen von 2014 und 2015 ausgewertet, die bei 695 kontrollierten Fernbussen 255 Verstöße feststellten.
Nach der Liberalisierung des deutschen Fernbusverkehrs hat sich seit Anfang 2013 die Branche stetig vergrößert. Mittlerweile werden laut IGES-Institut zirka 300 Linienverbindungen angeboten. Die Zahl der Fahrgäste hat sich seit der Liberalisierung mehr als verdoppelt. 2015 sollen sollen laut IGES rund 20 Millionen Menschen mit Fernbussen unterwegs gewesen sein. nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.