Frankreich in Demokratie-Dauerausnahme
Premier Valls drückt das Arbeitsgesetz per Dekret durch - die autoritäre Politik ist längst Normalität
In was für einer Gesellschaft wollen wir morgen leben? Das fragt am Mittwoch die linke französische Tageszeitung »Libération«. Die Nationalversammlung hat die Weichen für die künftige Gesellschaft bereits gestellt. Am Dienstag beschloss sie die Verlängerung des »Ausnahmezustands« um sechs Monate (ab wann ist ein Zustand eigentlich noch eine Ausnahme?). Am Mittwoch wurde das umstrittene Arbeitsgesetz endgültig verabschiedet. Erneut ohne Debatte, erneut per Dekret.
70 Prozent der Bevölkerung lehnen das Gesetz ab. Seit März haben Gewerkschaften und Studierende dagegen protestiert, mit allen Registern: Zwölf Großmobilisierungen, tägliche Platzbesetzungen, heftige Streiks. Vergebens. Die Regierung bleibt eisern.
Morgen leben die Franzosen also in einer Gesellschaft fast ohne Kündigungsschutz und mit bis zu 60 Wochenarbeitsstunden, einer Gesellschaft voller Militär, Hausdurchsuchungen, Polizeikontrollen. In welcher Gesellschaft aber wollen sie leben? Diese Diskussion hat erst begonnen. Auf den Plätzen der durchwachten Nächte wurde eine frisch politisierte Generation geboren. Sie kämpft gegen das Arbeitsgesetz – und die Welt, die es hervorgebracht hat. Dieser Kampf fängt eben erst an.
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