Geleakte E-Mails sorgen bei US-Demokraten für Zoff

Vorwurf: Establishment der Partei missachtete Neutralitätsgebot im Vorwahlkampf zu Lasten des linken Bewerbers Bernie Sanders

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Berlin. Kurz vor dem Nominierungsparteitag der US-Demokraten sorgt ein Leak mit tausenden parteiinternen E-Mails für Wirbel - denn sie legen nahe, dass die Parteiführung gegenüber den linken Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders voreingenommen war. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte am Freitag mehr als 19.000 E-Mails veröffentlicht, die sieben Mitglieder der Parteiführung versendet oder erhalten hatten (siehe auch diesen Bericht bei »The Intercept«). Die E-Mails legten den Verdacht nahe, die Parteiführung habe »ihr Gewicht für Clinton in die Waagschale geworfen«, sagte Sanders’ Wahlkampfleiter Jeff Weaver dem Sender ABC. Die Parteiführung der Demokraten müsse gemäß ihrer Satzung in den Vorwahlen neutral bleiben - »sie war es aber ganz eindeutig nicht.« Die Verantwortlichen müssten sich nun erklären, forderte Weaver.

In einer von Wikileaks veröffentlichten E-Mail vom 5. Mai fragt der Finanzvorstand der Partei, Brad Marshall, ob jemand eine namentlich nicht genannte Person, mutmaßlich Sanders, in den konservativen Bundesstaaten Kentucky und West Virginia nach seinen religiösen Überzeugungen fragen könne. »Glaubt er an Gott?«, heißt es in der E-Mail. »Ich glaube, ich habe gelesen, er sei Atheist.« Das Hervorheben dieses Umstands könnte beim Wahlergebnis in den religiösen Bundesstaaten »einige Prozentpunkte Unterschied machen«. Marshall sagte nun der Nachrichtenseite »Intercept«, er könne sich an diese E-Mails nicht erinnern. Die E-Mail müsse sich auch nicht unbedingt auf Sanders beziehen, sondern könnte auch einen seiner Unterstützer gemeint haben.

Wikileaks veröffentlichte außerdem eine E-Mail vom 21. Mai, in der die Vorsitzende der Demokratischen Partei, Debbie Wasserman Schultz, die Kandidatur von Sanders für aussichtslos erklärt. In dem E-Mail-Wechsel ging es um Sanders' Ankündigung, er würde Wasserman Schultz nach seiner Wahl zum Präsidenten von ihrem Posten ablösen. »Das ist eine alberne Geschichte«, schrieb Wasserman Schultz. »Er wird nicht Präsident werden.«

Sanders war als völliger Außenseiter in das Nominierungsrennen gegen die haushohe Favoritin Hillary Clinton gestartet. Mit seinen Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit und Zähmung der Finanzmärkte hatte er jedoch rasch eine breite Anhängerschaft vor allem unter jungen linksgerichteten Wählern hinter sich versammelt und in einer Reihe von Bundesstaaten die Vorwahlen gewonnen. Clinton setzt nun darauf, dass der Senator seine Millionen von Anhängern in ihr Lager einbringt. Am Montag beginnt der Parteitag, der sie offiziell zur Präsidentschaftskandidatin machen soll. Agenturen/nd

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