Griechische Polizei räumt von Flüchtlingen besetzte Häuser

Kritik an regierender Linkspartei SYRIZA aus dem Bewegungsspektrum / Anarchisten belagerten Parteizentrale in Thessaloniki

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Am frühen Mittwochmorgen hat die griechische Polizei in Thessaloniki drei besetzte Häuser geräumt. Betroffen sind die Projekte »Hurriya«, »Orfanotrofeio« und »Nikis«. In allen drei Zentren wohnten Aktivisten zufolge Flüchtlinge oder waren mit in die Hausstrukturen eingebunden.

Das »Hurriya« wurde erst vor wenigen Tagen während des »No Border Camps« besetzt. Das »Orfanotrofeio« gab es seit Dezember 2015. Das »Nikis« ist wiederum ein langjähriges, bekanntes Hausprojekt, das sich direkt an der Strandpromenade nahe der Innenstadt befindet.

Laut einer Erklärung des am »No Border Camp« beteiligten, linksradikalen »Beyond Europe«-Bündnisses sollen die anwesenden Flüchtlinge zurück in Lager sowie zu Polizeistationen gebracht worden seien. Die griechische Journalistin Marianna Karakoulaki berichtet von 85 Festnahmen. Unter den Betroffenen würden sich weiteren Medienberichten zufolge auch ausländische Aktivisten befinden.

Linke und Flüchtlingsunterstützer zeigten sich in sozialen Netzwerken über die Räumung bestürzt. Enttäuscht äußerten sich vor allem jene, die von der regierenden Linkspartei SYRIZA eine andere Politik erwartet hatten. Anarchisten besetzten als Reaktion am Mittwoch die Parteizentrale in Thessaloniki. Es wurde die Freilassung der Inhaftierten sowie die Möglichkeit, in die besetzten Häuser zurückzukehren, gefordert. Bis zum Nachmittag war die Situation ruhig, hieß es aus Aktivistenkreisen.

SYRIZA distanzierte sich derweil in einer Pressemitteilung von der Räumung: »Wir sind gegen die Polizeioperation zur Räumung der Hausbesetzungen in Thessaloniki. Die Kriminalisierung von Solidaritätsiniativen ist eine Praxis, die nichts mit den Grundsätzen und Werten der Linken zu tun hat.«

Den Aktivisten von »Beyond Europe« reichte diese Erklärung jedoch nicht. In einer eigenen Mitteilung formulierten sie: »Für viele unserer Genossen und in der politischen Linken liegt ein bitterer Geschmack in dem Umstand, dass dieser Einsatz geschieht, während SYRIZA das Land regiert. […] Sie können so viele Pressemitteilungen veröffentlichen, wie sie wollen. Die griechische Polizei folgt den Befehlen des Innenministeriums und der verantwortliche Minister ist derzeit Panagiotis Kouroumblis von SYRIZA.«

Weiter heißt es: »Unsere Genossen der Antiautoritären Bewegung von Griechenland warnten bereits vor einem Jahr vor der Gefahr, die von SYRIZAs Aufstieg für die Bewegungen ausgeht. Heute zeigt sich die Wahrheit dieser Analyse deutlicher als je zuvor.«

Auf entsprechenden Seiten im Internet wurde aufgerufen, sich am »Micropolis-Freiheitsplatz« in Thessaloniki zu versammeln. Am Abend soll es auch in Athen eine Solidaritätsdemonstration geben.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.