Wolkenkuckucksheim der Internetkonzerne
Smartphone-Werbung und die Cloud treiben die Gewinne der US-amerikanischen Technologiebranche nach oben
Die Kombination von Werbung auf Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets und deren wegen geringem Eigenspeicher immer größer werdender Abhängigkeit von Cloudlösungen bringt den großen US-Technologiefirmen richtig viel Geld ein. Für diesen Trend stehen Gewinnzahlen von Amazon, Facebook und der Google-Mutter Alphabet, aber auch jüngste Zukäufe. So hat der kalifornische Hard- und Softwarehersteller Oracle gerade die ebenfalls kalifornische Softwareschmiede NetSuite für 9,3 Milliarden Dollar (8,33 Milliarden Euro) gekauft. Tech-Experten vermuten, dass es Oracle weniger um die Software von NetSuite als um dessen cloud-affine Kunden geht. Und Veri-zons Angebot von 4,8 Milliarden Dollar für das Kerngeschäft, also den internetbasierten Betriebsteil, von Yahoo ist dort akzeptiert worden.
Facebook und Alphabet haben in ihren letzten Quartalsberichten hohe Gewinne im Bereich der Mobilwerbung ausgewiesen. Das spiegelt die Entwicklung in der Branche: Die Nutzer gehen immer weniger mit PCs und Laptops, dafür immer mehr mit mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets ins Netz. Insbesondere Smartphones haben aber nicht genug Speicherkapazität, um all die Videos, Fotos und andere Daten aufzunehmen, die der Nutzer gern stets zur Hand hat. Sie müssen auf externe Speicher (Clouds) zurückgreifen, die ihnen besondere Dienstleister bieten. Entsprechend haben Cloudanbieter wie Marktführer Amazon oder inzwischen auch Microsoft ebenfalls deutlich steigende Gewinne verbucht.
Nach Angaben der Marktforscher von Canalys haben Unternehmen ihre Ausgaben für Clouddienste im zweiten Quartal 2016 um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahrsquartal erhöht. Die zunehmende Nutzung von Mobilgeräten habe die Nachfrage nach solchen Diensten steigen lassen, erklären die Analysten. »Die Leute nutzen das Internet immer häufiger«, sagt auch Analyst Ben Schachter von der Macquarie Group. »Sie haben es mit ihren Smartphones immer dabei. Die Übertragungsgeschwindigkeit wird besser. All diese Information muss irgendwo herkommen und sie kommt aus der Cloud.«
Werbung auf Mobilgeräten macht bei Facebook 64 Prozent der 6,2 Milliarden Dollar Anzeigeneinnahmen aus. Die Gewinne des Konzerns haben sich im vergangenen Jahr verdreifacht. Und auch bei Google sind die Einnahmen aus der Mobilwerbung um 21 Prozent gestiegen.
Bei Amazon stiegen die Einnahmen aus den Clouddiensten um 58 Prozent, was einen Gewinn von 857 Millionen Dollar brachte. Bei Microsofts Clouddienst Azur haben sich die Einnahmen verdoppelt. »Sie haben es geschafft, ihre Kunden in die Cloud hinüber zu führen«, sagt Brad Reback, Analyst bei Stifel, Nicolaus & Company über Microsoft. Das vermarktet derzeit erfolgreich sein cloudgestütztes Programmpaket Office 365.
Nach Ansicht von Analyst Schachter wird dieser Trend bei den großen Firmen anhalten, denn sie weiten diese Dienste aus und investieren entsprechend. »Die Großen werden noch größer«, prophezeit er.
Andere wollen sich ebenfalls ihr Stück von diesem Kuchen sichern. Oracle ist ein Beispiel dafür. Die relativ alte Firma aus dem Silicon Valley - sie wurde schon 1977 gegründet - hat ihren Schwerpunkt von Programmen für Datenspeicher auf das Cloud-Computing verlagert. Oracles Verkäufe von Cloudprogrammen sind gegenüber dem Geschäftsjahr 2014 um fast 50 Prozent gestiegen.
Verizons Kauf des Yahoo-Kerngeschäfts wird demgegenüber als Versuch eingestuft, nach Google und Facebook weltweit drittgrößter Mobilwerbeträger zu werden. Der Telekommunikationskonzern erwirbt mit Yahoo den Zugang zu einer Marketinginfrastruktur für mobile Werbung. Yahoo bringe »Millionen einheimischer und internationaler« Nutzer, unterstreicht Professor Usha Haley von der Universität West Virginia.
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