Hämmern, Feilen, Spachteln
Chinesische Jugendliche nehmen an Sommerakademie in Marzahn-Hellersdorf teil
Obwohl Ferien sind wird im Haus Sonneneck in Marzahn-Hellersdorf fleißig gearbeitet und gelernt. Aus den Werkstätten des anerkannten Trägers dringen ganz unterschiedliche Geräusche: Sägen, Hämmern, Feilen - und manchmal ist auch ein gleichmäßiges Spachteln zu hören. Doch die Schüler kommen nicht aus dem Bezirk, sondern von weit her: 15 Chinesen zwischen 11 und 16 Jahren machen bei der ersten Sommerakademie im Bereich Handwerk mit.
Für die jungen Teilnehmer ist es etwas ganz besonderes. «Aus ihrem Heimatland kennen sie so etwas nicht», sagt Mingye Zhang. Handwerkliche Fähigkeiten werden in China während der Schulzeit nicht vermittelt. «Deutschland ist für die jungen Menschen in diesen Dingen vorbildhaft», erklärt die Mitarbeiterin der Teehausgalerie Potsdam, die zusammen mit dem Berliner Verein Kids & Co die Sommerakademie organisiert.
In der ersten Woche hatten die Gäste Gleichaltrige aus der benachbarten Mozartschule an ihrer Seite. Die Hellersdorfer seien über sich hinausgewachsen, sagt die Vereinsvorsitzende Steffi Märker. «Sie brachten ihr Wissen als Experten ein, erklärten den Chinesen, wie mit den verschiedenen Werkzeugen und Werkstoffen umzugehen ist, und kommunizierten das auf Englisch.» Es sei schön zu sehen, was auch die einheimischen Jugendlichen inzwischen drauf haben.
Kids & Co kümmert sich vor allem um Kinder mit Schwierigkeiten in der Schule. Sie können im Rahmen des sogenannten Praxislernens ihre Fähigkeiten ausprobieren und sollen dadurch auch Lust am Lernen entwickeln. Daneben bereitet der Verein Jugendliche ohne Abschluss auf eine Ausbildung vor. Und in den Sommermonaten lädt der Verein häufig Gäste aus dem europäischen Ausland ein. Jetzt sind es zum ersten Mal Kinder aus China. Seit Ferienbeginn nutzen die jungen Gäste nun die Werkstätten unter Anleitung der Mitarbeiter ohne die deutschen Schüler. Sie fertigten schon verschiedene Holzspiele, feilten aus Metallstücken kleine Berliner Bären zurecht, kreierten Schmuck oder probierten mit Farben aus, wie sie ihre Zimmer zu Hause selbst neu gestalten könnten. «Es macht Spaß, ist aber manchmal anstrengend, sagt der 16-jährige David.
Für Yu Rui, die Jüngste, ist es vor allem ein praktisches Abenteuer, so weit weg von Zuhause. »Ich schicke meinen Eltern täglich Bilder, und sie staunen, was ich alles kann«, sagt die Elfjährige lächelnd. Neulich brachte sie mit einer speziellen Schablonentechnik ein blaues Fahrrad an die Wand.
Auch Praxisleiterin Mandy Hoyer und Malermeister Siegmund Hampf schätzen Ehrgeiz, Neugier und Ausdauer sowie den großen Fleiß ihrer Gäste. »Wenn es mal mit der Verständigung gar nicht klappen will, hilft mir mein chinesisches Sprachprogramm auf dem Handy«, sagt Hampf. Dann würden zwar alle lachen, aber jeder verstehe, was gemeint ist.
In ihrer letzten Deutschland-Woche wollen die Teilnehmer der Sommerakademie Wände mit Graffiti verzieren. Fest steht bereits: Auch 2017 wird wieder so ein Projekt durchgeführt. »Dann wollen wir gemeinsam mit chinesischen Jugendlichen eine Drachenbank für den Garten des Vereins bauen«, kündigt Steffi Hutsch an, die die interkulturellen Aktivitäten organisiert. Zudem sollen »Möglichkeiten für eine Sommerakademie in China erörtert werden«.
Mingye Zhang macht deutlich, dass China sehr wohl Erfahrungen von diesem praxisorientierten Lernen in Deutschland übernimmt. Mittlerweile würden in einigen Regionen Schulen und Handwerksbetriebe zusammenarbeiten. »In den Ferien können sich dann Kinder und Jugendliche ausprobieren.«
Infos unter www.kids-und-co.de
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