Gewerkschafter ärgern Klimaaktivisten
Vertreter der IG BCE rufen zum Protest gegen das Klimacamp im Rheinland auf
Klimaaktivisten zählen für gewöhnlich nicht unbedingt zu den beliebtesten aller Mitmenschen, was an der Vielzahl ihrer Gegner liegt: Da sind zum einen die großen Wirtschaftsunternehmen, die sich von den Aktionen der Klimagruppen – zum Beispiel der Besetzung eines Braunkohletagebaus – gestört fühlen und das Ansehen sowie den Profit ihrer Konzerne gefährdet sehen. Zum anderen sind es die politischen Gegner, von reaktionären Klimawandelleugnern bis hin zu Neonazis, die den Aktivisten das Leben schwer machen wollen. Wenn nun am kommenden Wochenende das alljährliche Klimacamp im Rheinland beginnt, kommt allerdings noch ein dritter Gegner hinzu, mit dem im Vorfeld nicht unbedingt zu rechnen war: Gewerkschafter.
Unter dem Motto »Schnauze voll« haben eine Reihe von »Vertrauensleuten« der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) ihren Unmut über die politischen Ziele des Camps zum Ausdruck gebracht. »Wir meinen: Wer heute aus der Braunkohle aussteigen will, der gefährdet nicht nur die Arbeitsplätze in der Braunkohle, sondern auch in der Industrie«, ist auf der Internetseite des Gewerkschaftsbezirks Alsdorf zu lesen.
So werden Beschäftigte des Energiekonzerns RWE, gegen das sich die Aktivisten im Speziellen richten, zu Protestaktionen während des Klimacamps aufgerufen. Die Mahnwache startet an diesem Donnerstagabend und stellt mehrere Forderungen an die Klimagruppen: Zum einen soll von ihnen »keine Gewalt« ausgehen – was übersetzt heißt, dass sie keine Tagebaue besetzen sollen. Zum anderen wollen die Beschäftigten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und die Einhaltung der Tarifverträge demonstrieren. Am 26. August ist außerdem eine große Gewerkschaftskundgebung bei Erkelenz-Holzweiler geplant.
Das wiederum erzürnt andere Gewerkschaften. »Dies ist der bisherige Höhepunkt von Aggression von Gewerkschaftsmitgliedern, die meinen, dass ihre Interessen vermeintlich die ihrer Arbeitgeber seien«, kommentiert die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die sich selbst am Klimacamp beteiligt, und ergänzt: »Wir finden es besonders beschämend, dass diese «Vertrauensleute» offensichtlich kein Interesse an einer demokratischen Auseinandersetzung haben, sondern das Klimacamp mit Gewaltandrohungen verhindern wollen.«
Und was meinen die Aktivisten? »Natürlich ist es verständlich, dass die Arbeiter Angst um ihre Jobs haben«, sagt Milan Schwarze, der Presseverantwortliche des Klimacamps, gegenüber »nd«, fügt jedoch hinzu: »Um zur Demonstration gehen zu können, hat der Konzern RWE seinen Beschäftigten am 26. August frei gegeben. Das zeigt doch, wer wirklich hinter dieser Sache steckt.« Außerdem, so Schwarze weiter, hätte die Politik den Umbau im Energiesektor bereits vor Jahrzehnten einleiten müssen. Nun sehe es so aus, als ob die Klimaaktivisten vorschnell den Ausstieg aus der Kohleindustrie fordern.
Dass dem nicht so ist, zeigt das Pariser Klimaabkommen, das im letzten Jahr beschlossen wurde. Zwar hat sich die internationale Staatengemeinschaft zum Ziel gesetzt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen – entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung sind aber noch nicht ersichtlich. Hier kommt das Klimacamp ins Spiel: »Wir müssen eine starke Bewegung werden, müssen Druck aufbauen«, sagt Milan Schwarze und verweist auf die Vielfalt des Camps, auf dem es zum einen um inhaltliche Fragen, zum anderen um das Ausprobieren neuer Aktionsformen gehen soll.
Motivation dafür schafft auf jeden Fall ein Rückblick auf die letzte große Klimaaktion: »Ende Gelände« am Pfingstwochenende in der Lausitz, als 3500 Aktivisten den vom schwedischen Energieriesen Vattenfall betriebenen Tagebau Welzow-Süd blockierten. Milan Schwarze ist sich sicher: »Das war ein totaler Erfolg und ein neuer Startschuss für die Klimabewegung.«
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