200 Linke demonstrieren gegen Rassismus in Heidenau
Ein Jahr nach rechten Krawallen: Bürgermeister findet antifaschistische Demonstration »überflüssig« / Neonazis zeigen Hitlergruß / Politiker fordern entschlosseneres Vorgehen gegen Rechts
Ein Jahr nach den rassistischen Ausschreitungen in Heidenau demonstrieren antifaschistische Initiativen gegen das Vergessen. Neonazis begleiten dem Protest entlang der Route mit Pöbeleien. Politiker fordern entschlosseneres Vorgehen gegen Rechts.
Update 17.25 Uhr: Demonstranten verlassen Heidenau – gegen Hitlergrüßer wird ermittelt
Die antifaschistischen Initiativen haben ihre Gedenkdemonstration in Heidenau beendet. Wiederholt hatten Neonazis entlang der Route provoziert. Ein Mann zeigte den Hitlergruß, die Polizei Sachsen kündigte an, gegen ihn wegen des Verstoßes gegen §86a zu ermitteln.
Lesen Sie hierzu auch den Bericht von unserem nd-Reporter vor Ort: »Gegen den Rassismus der ‘besorgten Bürger’ und der Mitte«
Update 16.20 Uhr: Demonstrationszug erreicht ehemalige Flüchtlingsunterkunft
Die rund 200 Demonstranten erreichen den Praktiker Baumarkt. Hier war es vor einem Jahr zu rassistischen Ausschreitungen gegen eine Flüchtlingsunterkunft gekommen.
Update 15.45 Uhr: Begleitet von rechtem Protest zieht Demonstration zur Flüchtlingsunterkunft
Auf ihrem Weg zur ehemaligen Flüchtlingsunterkunft in Heidenau protestieren immer wieder Neonazis gegen die linken Demonstranten. »Von 2046 Tatverdächtigen der politisch motivierter Kriminalität – Rechts seit 2015 kamen 1859 aus #Sachsen, hat Anfrage von @VaLippmann ergeben«, schreibt der sächsische Grünenpolitiker Kasek auf Twitter. Die Neonazis seien also nicht zugereist.
Update 14.40 Uhr: Erste Hitlergrüße von Neonazis in Heidenau
»erneut kommt ein Bürger, Südstaaten Flagge auf dem Shirt, aggressiv pöbelnd auf die Demo zu«, berichtet der Grünen-Politiker Jürgen Kasek auf Twitter. Bereits am Bahnhof sei es zu Störversuchen durch Rechte gekommen. Auch andere Teilnehmer der Antifa-Demonstration berichten unter dem Hashtag #hdn2108 von Neonazis, die sich in der Umgebung der Demonstranten aufhalten, ironisch klatschen und Fotos von ihnen machten. Es seien Hitlergrüße gezeigt worden. Die Polizei habe die Personalien aufgenommen.
Update 14.10 Uhr: 200 Demonstranten protestieren gegen Sächsische Verhältnisse
Auf der Demonstration gegen Rassismus in Heidenau haben sich inzwischen rund 200 Antifaschisten eingefunden. Auf Transparenten fordern sie, das Schweigen in der sächsischen Provinz zu brechen, und zählen Orte von rassistischen Übergriffen auf: Clausnitz, Freital, Dresden, Bautzen, Meißen.
Update 13 Uhr: Heidenaus Bürgermeister findet antifaschistische Demonstration »überflüssig«
Äußerungen des Bürgermeisters von Heidenau, Jürgen Opitz (CDU), sorgen für Kritik. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping äußerte sich Opitz kritisch gegenüber der für heute geplanten Antifa-Demonstration. »Demos heute sind aus meiner Sicht völlig überflüssig. Diese Demos nützen niemandem«, zitiert ihn MDR Sachsen auf Twitter. Die Stadtbevölkerung müsse nicht aufgerüttelt werden. »Es ist ungerecht, mit dem Finger auf die Menschen in Heidenau zu zeigen«, sagte Opitz weiter. Die Heidenauer würden durch eine negative Berichterstattung in Mithaftung genommen.
Update 10.10 Uhr: »Aktivisten gegen Rechtsextremismus (Antifa)«
Und was meldet die Deutsche Presse-Agentur so? »Zum ersten Jahrestag der fremdenfeindlichen Krawalle in Heidenau wollen am Sonntag (14.00 Uhr) Aktivisten gegen Rechtsextremismus (Antifa) durch die Kleinstadt bei Dresden ziehen.«
Update 10 Uhr: Integrationsministerin in Heidenau - aber nicht bei der Demo
Die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) will am Sonntag nach Heidenau kommen - aber nicht an der antifaschistischen Demo teilnehmen. Stattdessen ist gemeinsam mit dem Heidenauer Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) ein Auftritt vor der Presse geplant. Zudem sollen Mitarbeiter von Vereinen besucht werden, die sich für Flüchtlinge engagieren: »Es ist mir wichtig zu zeigen, dass sich viele Menschen in Heidenau für Zusammenhalt, für die Integration Geflüchteter und für Demokratie engagieren, auch mit der Hilfe von Bürgermeister Jürgen Opitz.«
Update 9.45 Uhr: Forderung nach entschlossenerem Vorgehen gegen Rassismus
Politiker von SPD, Linkspartei und Grünen in Sachsen haben ein entschlosseneres Vorgehen gegen Rassismus angemahnt. Sie warfen der Union vor, das Thema Rechtsextremismus lange unterschätzt zu haben. Heidenau stehe symbolisch dafür, wie durch Instrumentalisierung eines Themas verbale Provokation in Gewalt gegen Menschen umschlagen könne, hieß es parteiübergreifend. Nach Ansicht von LinkenLandeschef Rico Gebhardt hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich zwar erkannt, dass es so nicht weitergehen kann, und das endlich auch gesagt. Aber es sei in Clausnitz, Arnsdorf und anderswo weitergegangen: »Tillich hat es bis heute als CDU-Landesvorsitzender nicht geschafft, die gesamte sächsische CDU zu sensibilisieren.« Deshalb mache die Stärkung der Zivilgesellschaft in Sachsen keine wirklichen Fortschritte.
»Heidenau ist ein besonders brutales Symbol dafür, wie Rechtsextremisten den Zuzug von Flüchtlingen nutzten, um Stimmung gegen Demokratie und Fremde zu machen«, sagte SPD-Politiker Henning Homann. Die Ausschreitungen dort seien zu einer traurigen Zäsur in der jüngeren sächsischen Geschichte geworden: »Ich werde die brutale Gewalt, deren Augenzeuge ich in Heidenau wurde, nie vergessen.« Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke lobte das damalige Engagement des Heidenauer Bürgermeisters Jürgen Opitz (CDU). Die Art, wie dieser das Schweigen brach und sich gegen die rassistischen Hasstiraden stellte, bleibe positiv in Erinnerung: »Das hatte Wirkung: Viele Heidenauer zeigten sich solidarisch mit den Flüchtlingen und trugen dazu bei, eine negative Verurteilung ihrer Stadt abzuwenden - ohne zu beschönigen, dass auch einige ihrer Nachbarn zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen Beifall klatschten.«
Update 9.30 Uhr: Antifa will »Wut auf die Straße tragen«
Ein Jahr nach den rassistischen Krawallen gegen eine Unterkunft für Geflüchtete im sächsischen Heidenau rufen linke und antifaschistische Gruppen am Sonntag zum Protest gegen die Verharmlosung rechter Gewalt und gegen die Sächsischen Verhältnisse. »Wir möchten mit dem allgemeinen Schweigen über die Ereignisse im August 2015 brechen«, heißt es in einem Aufruf. Man lehne »das Schöngerede« der lokalen Politik ab und fordere »die lückenlose Aufarbeitung der Gewalttaten. Ein konsequenter Umgang mit rassistischen Ausschreitungen, Übergriffen, Drohungen und Anschlägen ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, der sich auch die bürgerliche Justiz, Politik und Bevölkerung nicht entziehen kann«, so der Aufruf. Man wolle »unsere Wut auf die Straße tragen und den selbsternannten Asylkritikern und jenen, die lieber die Vorhänge zuziehen, wenn ein rassistischer Mob durch ihre Straßen wütet und menschenverachtenden Ideologien skandiert, zeigen, dass wir die Schnauze voll haben«.
Am 21. August 2015 hatte ein Mob im Beisein zahlreicher Neonazis vor einem zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierten Baumarkt in Heidenau randaliert. 31 Polizisten wurden verletzt. Die Beamten setzten Tränengas gegen die wütende Menge ein. In der darauffolgenden Nacht wiederholten sich die Ausschreitungen. Mehr zum Thema Heidenau, zu den Hintergründen und der Lage in der Stadt gibt es hier und hier. nd/Agenturen
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