Null Zinsen, Insolvenz, Kapitalvernichtung

Riskante Geldanlagen (Teil 1)

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Zinsen werden auch in der zweiten Jahreshälfte und wohl lange darüber hinaus nahe Null verharren. Das hat Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), klar geäußert. Eine gute Nachricht für Häuslebauer und andere Konsumenten, die eine Finanzierung durch eine Bank oder Bausparkasse benötigen.

Sparern aber erschwert die Null-Zins-Phase das Leben. So haben viele Versicherer den Verkauf von (Kapital-)Lebensversicherungen eingestellt. Die Produkte rechnen sich nicht mehr. Weder für die Unternehmen noch für die Verbraucher.

Dabei war die Lebensversicherung jahrzehntelang das populärste Sparprodukt der Bundesbürger. Statistisch betrachtet besaß jeder, vom Opa bis zur Enkeltochter, mindestens eine Police. Auch wenn die Verzinsung in Wirklichkeit nie so hoch war wie sie manchem Versicherten erschien - die Inflation fraß viel Rendite auf. Doch die Ära mit Renditen von vier, fünf Prozent dürfte auf lange Zeit vorbei sein.

Dieses Szenario beflügelt heute die Neigung vieler Sparer und Kleinanleger, finanzielle Risiken einzugehen. Und auf der anderen Seite beflügelt es die Gier der Kapitalnehmer, riskante Sparprodukte anzubieten. Eine Folge davon sind mehr Pleiten und Verluste bei scheinbar lukrativen Geldanlagen.

Gier gibt es auf beiden Seiten

Zwei typische Fälle seien herausgegriffen. Bei dem ersten geht es um Investmentfonds und um Container.

Zwar steckt die Schifffahrt seit der Finanzkrise in einer Dauerkrise, weil immer mehr Schiffe für einen kaum noch wachsenden Welthandel vom Stapel liefen. Dies führte zur Schließung vieler deutscher Schiffsfonds. Abertausende Anleger verloren Abermillionen von Euro, die sie in der Boomzeit bis 2008 in solche geschlossenen Fonds angelegt hatten. Betroffen sind überproportional viele Rentner.

Unberührt von dieser Schifffahrtskrise blieben anscheinend Schiffscontainer. Denn die keineswegs unverwüstlichen Stahlboxen - in denen Kaffee, Smartphones und Waschmaschinen über die Weltmeere transportiert werden - waren lange knapp, weil nur wenige Firmen in Asien die Boxen herstellten.

Dass die Geldanlage in Containern dennoch riskant ist, zeigten schon die hohen Renditen, welche die Finanzdienstleister den Anlegern versprachen. Nun schlug das Risiko zu.

Frühere Renditen zählen heute nicht mehr

Die Magellan Maritime Services GmbH hat beim Amtsgericht Hamburg einen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind an die 10 000 Anleger mit einem Anlagevolumen von rund 350 Millionen Euro.

Dabei war das nach dem legendären portugiesischen Seefahrer Ferdinand Magellan (1480-1521) benannte Unternehmen anfangs erfolgreich. »Auf diese Weise konnten in der Vergangenheit positive Renditen für die Anleger erwirtschaftet werden«, erklärt ein Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Anleger kauften der 1992 gegründeten Unternehmensgruppe zunächst Schiffscontainer ab, die dann von Magellan an Reedereien vermietet wurden. Nun sollen Abrechnungsschwierigkeiten mit Reedereien und plötzlich verkürzte Zahlungsziele von Containerherstellern in China die Zahlungsunfähigkeit des Konzerns ausgelöst haben.

Magellans Geschäftsführung erwartet, dass das Insolvenzgericht bis Anfang Oktober die erste Gläubigerversammlung abhalten wird. Zu diesem Termin werden alle Anleger dann eingeladen, »um über die Geschicke des Unternehmens und des vorhandenen Vermögens zu entscheiden«. Eine große Halle, in die mehrere tausend Menschen passen, wird noch gesucht. Nicht allein die Zinsen scheinen verloren, sondern wahrscheinlich auch große Teile des eingezahlten Kapitals.

Wer kauft 250 000 Boxen?

Möglicherweise mit einem blauen Auge kommen die Sparer bei Buss davon. Der maritime Mischkonzern hatte bereits 2015 einen Teil seiner »Containerflotte« in einem Notverkauf an einen US-amerikanischen Investor veräußert, und zwar 250 000 Boxen.

Kürzlich mussten dann auch noch zehn Buss-Offshore-Containerfonds »restrukturiert« werden. In solchen Spezialboxen werden Lebensmittel, Medikamente und andere empfindliche Ausrüstungen befördert, um Arbeiter auf Ölbohrplattformen im weiten Meer zu versorgen. Mietzahlungen an die Fonds blieben dann irgendwann aus, weil Ölfirmen aufgrund der niedrigen Erdölpreise neue Förderprojekte stoppten. Die Konsequenz war ein unerwartet deutlich gesunkener Bedarf an Offshore-Containern.

Dabei liegt nicht nur in diesem Fall das Versäumnis wohl eher bei (gierigen) Kleinanlegern. Sogenannte Direktinvestitionen - meist sind dies »geschlossene Investmentfonds« - sind unternehmerische Investitionen, die mit entsprechenden Risiken verbunden sind. Das machte eine Sprecherin der Firma Buss mit dem Hinweis klar: »Wir haben diese im Verkaufsprospekt auf den Seiten 14ff dargestellt.«

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