Ceta-Streit in der SPD: Saleh fordert Basisentscheid

Berliner SPD gegen Entscheidung des Parteivorstands / Jusos: Das ist so nicht tragbar / Campact: Gabriel führt die Öffentlichkeit in die Irre

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Berlin. SPD-Chef Gabriel will beim Parteikonvent in zwei Wochen unbedingt ein Ja zum umstrittenen Freihandelsabkommen Ceta durchsetzen. Die oberen Parteigremien hat er nun hinter sich gebracht - mit der Aussicht auf ein paar Nachbesserungen. Aber das ist nicht genug für die vielen Kritiker. Nicht nur die Berliner SPD revoltiert.

Der SPD-Fraktionschef in der Hauptstadt, Raed Saleh, fordert jetzt einen Basisentscheid seiner Partei zu dem umstrittenen Freihandelsabkommen. Ceta sei »Neoliberalismus pur« und »mit den Grundwerten unserer Partei nicht vereinbar. Deswegen brauchen wir eine Basisbefragung«, sagte er der ARD. Sorgen bereiteten dem SPD-Politiker in erster Linie die vorgesehenen Regelungen zur Rekommunalisierung. »Wäre Ceta da, dann hätten wir in Berlin die Wasserbetriebe nicht zurückkaufen können«, so Saleh weiter. Das Abkommen würde sämtliche möglichen Rekommunalisierungen verhindern. Laut der ARD lehnen große Teile der SPD den vorliegenden Textentwurf für Ceta ab. So würden von 200 Landesdelegierten mindestens 90 beim bevorstehenden Parteikonvent mit Nein stimmen, das ergaben Recherchen der Sendung »Fakt« in den verschiedenen Landes- und Bezirksverbänden der SPD. Sieben Landesverbände haben sich noch nicht festgelegt.

Gabriel hatte am Wochenende nach dem Präsidium auch den Parteivorstand hinter sich gebracht. Das Gremium beschloss am Montag nach langer Debatte bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen den von Gabriel vorgelegten Antrag für den Konvent am 19. September. Darin wird empfohlen, den Weg für die parlamentarische Beratung des Abkommens frei zu machen und dort noch einige Klarstellungen und Verbesserungen zu erreichen. Im Parteivorstand votierte der Berliner SPD-Mann Jan Stöß gegen den Ceta-Antrag der Parteispitze. Stöß sagte auf Twitter, er freue sich »über die einstimmige Unterstützung im Landesvorstand« zu seiner kritischen Haltung zu Ceta.

Eine der Enthaltungen im SPD-Vorstand kam vom Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Matthias Miersch. Er sagte, der Beschluss gehe zwar in die richtige Richtung. »Wir müssen aber noch präzisieren, welche konkreten Änderungen am Ceta-Vertragstext notwendig sind, damit die SPD zustimmen kann.« Das betreffe vor allem den Investitionsschutz, Verbraucherschutz und die öffentliche Daseinsvorsorge. Bis zum Konvent müsse es noch Verschärfungen geben. Auch die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, enthielt sich. Die Jusos sind ebenfalls unzufrieden. »Der Antrag der Parteispitze ist für uns in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig«, sagte Juso-Chefin Johanna Uekermann der dpa. Der Ceta-Vertragsentwurf halte die roten Linien, die die SPD gesetzt habe, nicht ein.

Die Organisation Campact, die seit Monaten gegen das Freihandelsabkommen mobil macht, stellte sich ebenfalls gegen den Antrag Gabriels. Geschäftsführer Felix Kolb sagte, »der Antrag des SPD-Parteivorstands versucht die SPD-Basis und die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Es ist falsch, dass Ceta das ›gute‹ und TTIP das ›schlechte‹ Abkommen ist. Sie sind beide schlecht. Änderungen am vorliegenden Vertrag zwischen EU und Kanada schließt die EU-Kommission aus und jetzt will sich auch die SPD damit zufrieden geben«. Kolb nannte die »fatal«, er rief dazu auf am 17.9. gegen TTIP und Ceta auf die Straße zu gehen. Er appellierte auch an die Delegierten des SPD-Konvents, dem Antrag des Parteivorstandes am 19.9. nicht zuzustimmen. »Das ist die Woche der Entscheidung«, so Kolb.

Die SPD werde im weiteren Beratungsprozess »alle Optionen nutzen, um sicherzustellen, dass nur ein Abkommen, das unseren klaren Kriterien entspricht, eine Chance auf Zustimmung hat«, heißt es in dem von Gabriel durchgesetzten Antrag. So müsse die Unabhängigkeit von Entscheidungen des geplanten Investitionsgerichtshofs garantiert sein. Ausnahmen für den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge müssten klar geregelt sein. Die Klärung dieser und weiterer offener Punkte sei die Voraussetzung dafür, dass die SPD dem Abkommen im Bundestag zustimmen könne. In diesem Zusammenhang pocht die SPD ausdrücklich auf dem Mitbestimmungsrecht der nationalen Parlamente. »Die Parlamente sind dabei die Herren des Verfahrens und entscheiden abschließend«, stellt der SPD-Vorstand klar. Auch die Zivilgesellschaft müsse in die weiteren Beratungen einbezogen werden. Die SPD werde »alles tun, um sicher zu gehen, dass dieses Abkommen im Interesse der Menschen ist und wirtschaftliche Macht reguliert«. nd/Agenturen

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