Das Kind beim Namen nennen
Stephan Fischer über 50 Millionen minderjährige Flüchtlinge weltweit
28 Millionen Minderjährige weltweit auf der Flucht. 50 Millionen entwurzelte Flüchtlinge und Migranten unter 18 Jahren. Verdopplung ihrer Zahl in den letzten zehn Jahren. Es sind schockierende Zahlen, die das Kinderhilfswerk UNICEF vorlegt. Aber - sind sie wirklich schockierend? Rutscht das Auge nicht an den Nummern und Begriffen ab zur nächsten Meldung, ist die Zahl 50 000 000 oder »weltweit« überhaupt zu fassen?
Es sind nicht die Zahlen, die uns berühren, oder die furchtbar spröden Worte »Flüchtling« oder »Minderjährige«, Begriffe wie geschaffen zu verschleiern oder Empathie abzuwürgen. Zahlen und Statistiken mögen stimmen - überzeugen tun sie allein meist nicht immer, so sehr das Rationalisten auch schmerzen mag. Schmerzvoll werden die Fakten erst, bekommen sie einen Namen und ein Gesicht, Aylan Kurdi, der ertrunkene kurdische Junge am Strand. Das blutverschmierte und staubige Gesicht von Omran in Aleppo. Beide ließen zumindest kurz innehalten.
50 Millionen Schicksale kann niemand erfassen, vielleicht nicht einmal fünf angemessen würdigen. Aber ein kleiner Schritt reicht manchmal vielleicht auch, um sich etwas Großes zu vergegenwärtigen: UNICEF spricht nämlich nicht von 50 Millionen minderjährigen Flüchtlingen oder Migranten. Sie sagen schlicht: Es sind Kinder.
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