Deutsch-türkische Entfremdung

Jürgen Amendt über den Streit zwischen Deutscher Welle und der türkischen Regierung über ein Fernsehinterview

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.

Michel Friedman hat dem türkischen Jugend- und Sportminister Akis Cagatay Kilic vor laufender Kamera Fragen gestellt, die diesem offenbar nicht gefallen haben. Themen waren nach Friedmans Angaben u.a. die Situation der Kurden, die Verfolgung von Journalisten, Lehrern, Richtern und Regierungskritikern. Dies, so Friedman, hätte Kilic sichtlich nicht behagt. Am schwierigsten sei das Gespräch aber geworden, als es um die Rolle der Frau in der türkischen Gesellschaft, um Verhütung und um religiöse Fragen gegangen sei. An diesem Punkt habe Kilic das weitere Gespräch verweigert.

Der Vorgang offenbart die zunehmende Entfremdung zwischen den Eliten in Deutschland und in der Türkei. Man lebt einfach in zwei verschiedenen Welten, der eine - Friedman - in einer säkularisierten Gesellschaft, in der tradierte religiöse Werte und Normen als Privatsache gelten, der andere - Kilic - ist von eben solchen tradierten Vorstellungen geleitet und strebt eine Re-Theologisierung der Gesellschaft an. Da ist auch nicht verwunderlich, dass sich der Eklat weniger an Fragen zur Meinungsfreiheit und Menschenrechten entzündet hat, als an den Themen Sexualität, Stellung der Frau in der Gesellschaft und Religion.

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