Sinkende Sterne in Rom

Korruptionsermittlungen beschädigen Oberbürgermeisterin der Grillo-Bewegung

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Gut 80 Tage nach ihrem imposanten Wahlsieg fühlt sich die erste Oberbürgermeisterin Roms, die Rechtsanwältin Virginia Raggi von der Bewegung 5 Sterne (MoVimento 5 Stelle – M5S), kraftlos. Am Wochenende verließ sie kaum ihre Privatwohnung, offiziellen Terminen wie Stadtteilfesten oder einem Treffen der italienischen Bischofskonferenz im Vatikan blieb sie fern. Am meisten schmerzt sie, dass das Chaos in der Hauptstadt nicht etwa vom politischen Gegner, sondern aus den eigenen Reihen angerichtet wurde.

Stadträte, als Generalstaatsanwalt von Latium, Chef der Börsenaufsicht oder Staatsanwältin des Appellationsgerichts einst unbescholten, nutzten die römische Administration in ihren neuen Ämtern als Selbstbedienungsladen. Salvatore Romeo etwa, von Raggi in ihr Büro geholt, erhöhte sich sofort das Gehalt von 40 000 auf 120 000 Euro. Gegen Ratsmitglieder wird nun in Sachen Amtsmissbrauch und Korruption ermittelt.

Dabei hatte Raggi einen Ethikkodex für alle Kandidaten, die sich um ein politisches Amt in Rom bewerben, initiiert. Danach müsse ein Kandidat oder Amtsinhaber bei Verstoß gegen die ethischen Normen mit der sofortigen Abwahl sowie einer Geldstrafe von 150 000 Euro rechnen. Laut Kodex genügten bereits 500 Stimmen unzufriedener Wähler der Sterne-Bewegung, um einen solchen Ehrenfall auszulösen.

Zwar hat sich M5S-Chef Beppe Grillo vor Raggi gestellt, doch sollte es ihr nicht gelingen, eine regierungsfähige Mannschaft zu etablieren, könnte es mit einer Sterne-Regentschaft in der Hauptstadt bereits vorbei sein, bevor die Bewegung auch nur erste Maßnahmen ergriffen hat. Wenn in dieser Situation Premier Matteo Renzi seine Hand reichen will, sehen das viele als Ironie an. Fühlt sich der Regierungschef, dessen Sympathiewerte ebenfalls zu schwinden drohen, doch durch das römische Durcheinander im Aufwind. Dass M5S im Frühjahr noch so deutlich in Rom und Turin siegen konnte, war der Unzufriedenheit des Wahlvolkes mit den Repräsentanten der etablierten Parteien zu verdanken. Raggi wollte nicht nur den Müll in den Straßen Roms beseitigen, sondern vor allem auch den in den Amtsstuben. Wenn sie nun knapp drei Monate nach ihrem Start ohne administrative Mannschaft dasteht, schadet das nicht nur diesem Vorhaben – auch wenn Raggi weitermachen will.

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