Spaltbefunde
Uwe Kalbe zum Einheitsbericht der Bundesregierung
Zu den anhaltend frustrierenden Befunden in Sachen deutscher Einheit kommt im Jahresbericht der Bundesregierung nun die nicht ganz neue, aber unverändert ohnmächtige Feststellung, dass der Osten ein der Fremdenfeindlichkeit praktisch erlegenes Sondergebiet sei. So richtig die Sorge angesichts rassistischer Übergriffe und Gewalttaten besonders im Osten ist, so hilflos wirkt sie. Und der Appell an den Widerstandsgeist der Ossis aus den Wendejahren bestärkt diesen Eindruck nur.
Der Bericht zum Stand der Einheit selbst ist symptomatisch für die Probleme, die viele Ostdeutsche offenbar mit ihrer Rolle im neuen Deutschland haben. Mangelnde Glaubwürdigkeit der Politik ist einer der Gründe, aus denen sich ihr Frust speist. Vielleicht gerade wegen spezieller Osterfahrungen. Seit Jahren bemüht sich dieser Bericht um ein Bild der Zustände, das man nur geschönt nennen kann. Für Leute, die sich daran erinnern, gibt es hier frappierende Ähnlichkeiten mit Gewohnheiten in der DDR. Das entschuldigt keinen Rassismus, ist aber vielleicht Teil der Erklärung für seinen Erfolg.
Und wieder ist bevorzugte Reaktion auf den Bericht der erhobene Zeigefinger. Vor den Folgen wird gewarnt, die das Bild des Ostens im Ausland für seine Entwicklung haben könnte. Was ist mit dem umgekehrten Zusammenhang? Wenn 26 Jahre nach der Wende das Durchschnittseinkommen im reichsten Ost-Bundesland unter dem im ärmsten Westland liegt, sagt das alles über Einheit und Spaltung. Und über den Sinn moralischer Appelle.
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