Spaltbefunde

Uwe Kalbe zum Einheitsbericht der Bundesregierung

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Zu den anhaltend frustrierenden Befunden in Sachen deutscher Einheit kommt im Jahresbericht der Bundesregierung nun die nicht ganz neue, aber unverändert ohnmächtige Feststellung, dass der Osten ein der Fremdenfeindlichkeit praktisch erlegenes Sondergebiet sei. So richtig die Sorge angesichts rassistischer Übergriffe und Gewalttaten besonders im Osten ist, so hilflos wirkt sie. Und der Appell an den Widerstandsgeist der Ossis aus den Wendejahren bestärkt diesen Eindruck nur.

Der Bericht zum Stand der Einheit selbst ist symptomatisch für die Probleme, die viele Ostdeutsche offenbar mit ihrer Rolle im neuen Deutschland haben. Mangelnde Glaubwürdigkeit der Politik ist einer der Gründe, aus denen sich ihr Frust speist. Vielleicht gerade wegen spezieller Osterfahrungen. Seit Jahren bemüht sich dieser Bericht um ein Bild der Zustände, das man nur geschönt nennen kann. Für Leute, die sich daran erinnern, gibt es hier frappierende Ähnlichkeiten mit Gewohnheiten in der DDR. Das entschuldigt keinen Rassismus, ist aber vielleicht Teil der Erklärung für seinen Erfolg.

Und wieder ist bevorzugte Reaktion auf den Bericht der erhobene Zeigefinger. Vor den Folgen wird gewarnt, die das Bild des Ostens im Ausland für seine Entwicklung haben könnte. Was ist mit dem umgekehrten Zusammenhang? Wenn 26 Jahre nach der Wende das Durchschnittseinkommen im reichsten Ost-Bundesland unter dem im ärmsten Westland liegt, sagt das alles über Einheit und Spaltung. Und über den Sinn moralischer Appelle.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.