Diskriminierungsverbot nicht für »Scheinbewerber«

EuGH-Urteil

  • Lesedauer: 2 Min.

Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 28. Juli 2016 (Az. C-423/15) entschieden. Der Schutz vor Benachteiligung wegen Religion, Weltanschauung, Alter, Geschlecht oder sexueller Orientierung im Berufsleben sei nur für ernsthafte Bewerber gedacht, so die Richter.

Für den Juristen K. sieht es damit schlecht aus. Er hatte sich 2009 für eine Nachwuchsstelle bei einer deutschen Versicherung beworben. Als Voraussetzung nannte diese unter anderem einen zeitnahen Hochschulabschluss.

K. gab an, er verfüge als Rechtsanwalt und einst leitender Angestellter über Führungserfahrung. Er wurde abgelehnt und verlangte von der Versicherung 14 000 Euro wegen vermeintlicher Altersdiskriminierung. Als er erfuhr, dass die vier fraglichen Stellen ausschließlich mit Frauen besetzt worden waren, obwohl es ungefähr gleich viele männliche und weibliche Bewerber gegeben hatte, verlangte er eine weitere Entschädigung von 3500 Euro wegen Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt geht davon aus, dass der Jurist sich nur bewarb, um abgelehnt zu werden und eine Entschädigung einfordern zu können. Der EuGH überprüft diese Einschätzung nicht selbst, hilft dem Bundesarbeitsgericht mit dem aktuellen Urteil aber mit der Auslegung von EU-Recht. Den konkreten Fall müssen die BAG-Richter entscheiden.

In der EuGH-Entscheidung sehen Arbeitsrechtsexperten einen Schutz vor Missbrauch des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) als »Geschäftsmodell für Entschädigungsklagen«. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.