Franzose leitet Privatisierungsfonds

Nach kontroverser Debatte: In Griechenland stehen weitere Liberalisierungen an

  • Carolin Philipp, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.

Im griechischen Parlament wurde am Dienstagabend über Änderungen des Renten- und Sozialsystems und Maßnahmen gegen die Steuerhinterziehung verhandelt. Im Fokus stand jedoch die Debatte zur Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes. Nach aufgeladener Debatte wurde mit einer knappen Mehrheit - 152 zu 141 Stimmen - das Gesetzespaket durchgewinkt. Am Mittwoch folgten Abstimmungen über weitere Umstrukturierungen, parallel tagte die Euro-Working-Group, um zu prüfen, ob die verabschiedeten Gesetze mit den Vorgaben der Gläubiger übereinstimmen. Voraussetzung dafür, dass die weitere Kredittranche in Höhe von 2,8 Milliarden Euro ausgezahlt wird. Am Donnerstag soll der viertägige Verhandlungsmarathon abgeschlossen werden.

Die konservative Nea Dimokratia und die Sozialdemokraten, die als Vorgängerregierungen bis Anfang 2015 selbst strikte Sparmaßnahmen durchgesetzt hatten, kritisierten die aus der linken SYRIZA und der rechten Anel bestehende Regierungskoalition als »Stimme des IWF«.

Das Reformpaket enthält die Übertragung von Teilen der staatseigenen Wasserwerke, des Elektrizitätsunternehmens DEH, der Attika-Metro, von öffentlichen Gebäuden sowie des Fahrzeugherstellers ELVO in den Privatisierungskatalog. Eine Regierungskrise, ausgelöst durch den Widerstand der zwei Grünen-Parlametarier, die seit 2015 über die SYRIZA-Liste kandidieren, wurde abgewendet. Grund der Auseinandersetzung war die Privatisierung der Wasserwerke in Athen und Thessaloniki. Wasser sei ein öffentliches Gut, dass nicht den Bedingungen des freien Marktes ausgesetzt werden sollte, so der stellvertretender grüne Umweltminister Giannis Tsironis. Ein Zusatz mit Verweis auf die griechische Verfassung und vergangene Gerichtsentscheidungen wurde aufgenommen. Demnach dürfen die Wasserwerke der zwei größten griechischen Städte praktisch nicht veräußert werden. Wie dieser Zusatz allerdings in Zukunft interpretiert wird und ob andere Regierungen ihn als Privatisierungsverbot auslegen, bleibt abzuwarten.

Wirtschaftsminister Efklidis Tsakalotos betonte in der Debatte, dass der neue Fonds nicht wie die vorherige Behörde TAIPED sein wird, denn »wir sind nicht zu Privatisierungen gezwungen.« Große Privatisierungsvorhaben müssten vom Wirtschaftsministerium genehmigt werden, sagte der Minister. Allerdings gab es während des vergangenen Jahres einen »Realo-Umschwung« in der SYRIZA-Partei. Während Privatisierungen anfangs strikt abgelehnt wurden, bezeichnete Tsipras sie auf der internationalen Messe von Thessaloniki Anfang September als »wichtigen Motor für wirtschaftliche Erholung und Wachstum.« In der Vergangenheit wurde lukratives wie unprofitables Staatseigentum indes weit unter Wert verkauft. So die Mehrheitsanteile am Hafen von Piräus und die Lizenzen für regionale Flughäfen. Besonders beim Flughafen-Deal konnte die deutsche Fraport AG Bedingungen durchsetzen, die höchst fragwürdig sind, da der griechischen Staat etwa bei vorzeitigen Vertragsbeendigungen mit Pächtern oder bei Arbeitsunfällen einspringen muss.

Der neue »Superfond«, wie die Privatisierungsbehörde in griechischen Medien genannt wird, soll nach Gläubigervorgaben unabhängiger von der Regierung agieren. Im Aufsichtsrat des Fonds sitzen griechische wie ausländische Personen. Jacques Le Pap, ein ehemaliger Mitarbeiter der IWF-Chefin Christine Lagarde, steht dem Gremium vor. Weitere Mitglieder des Rates sind der spanische Sozialdemokrat und Mitarbeiter des IWF und des Europäischen Stabilitätsmechanismus EFSF, David Vegara, sowie die als SYRIZA-nah gehandelten Ökon-omInnen Olga Charitou, George Tavlas und George Stamboulis.

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