Gutachter: BND begeht mit Internetabhörung Rechtsbruch

Laut Experten könne der Auslandsgeheimdienst unmöglich erkennen, ob Datenpakete aus dem In- oder Ausland stammen

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) begeht beim massenhaften Abhören von Datenpaketen aus dem Internet offenbar Rechtsbruch. Das bestätigen nun zwei unabhängige, im Auftrag des NSA-Untersuchungsausschuss, angefertigte Gutachten. Der BND könne demzufolge nicht einwandfrei unterscheiden, ob es sich bei abgefangenen IP-Paketen um Daten aus dem In- oder Ausland handelt, ohne diese näher zu untersuchen. Genau das ist dem Auslandsgeheimdienst aber per Gesetz (noch) verboten.

Angefertigt wurden die beiden unabhängigen Gutachten jeweils von drei InformatikerInnen des Chaos Computer Clubs (CCC) sowie der Direktorin des digitalen Bundeswehr-Forschungszentrums CODE in München. Das Fazit der beiden Untersuchungen ist im Kern gleich: Aufgrund der Struktur und der Funktionsweise der Übermittlung von Daten im Internet ist es dem BND nicht möglich, einwandfrei zu erkennen, ob sich ein Datenpaket aus Deutschland zu einem Ziel im Inland bewegt. In diesem Fall müsste der Auslandsgeheimdienst aber das Datenpaket aussortieren und dürfte es nicht weiter untersuchen, weil es ihm per Gesetz verboten ist, deutsche Bundesbürger auszuspähen.

Einzig eine G-10-Anordnung ermächtigt den BND Kommunikation im Inland und/oder von/nach Deutschland abzuhören. Diese kann jedoch nur richterlich eingeholt werden und gilt nur in extremen Ausnahmefällen für das massenhafte Überwachen deutscher Bürger.

»Das Gutachten offenbart eine Zwickmühle, die der Auslandsgeheimdienst BND totzuschweigen bemüht ist: Einerseits darf er inländische Kommunikationsinhalte nicht analysieren, andererseits kann er sie ohne eine tiefgehende Analyse nicht von ausländischen Datenpaketen unterscheiden«, heißt es in einer Pressemitteilung des CCC.

»Wenn man den Geheimdiensten besser auf die Finger schauen und nicht nur Beteuerungen glauben will, hilft das Verständnis der tatsächlichen technischen Vorgänge im Netz«, sagte CCC-Sprecher Frank Rieger. »Niemand sollte sich weiterhin vorgaukeln lassen, der BND oder seine Partnerdienste würden beim Abhören sicher zwischen in- und ausländischen Datenverkehren unterscheiden können, ohne dabei tief in die Inhalte hineinzuschauen.«

Demnächst sollen mit der »BND-Reform« dem deutschen Geheimdienst mehr Rechte u.a. beim Abhören deutscher Bundesbürger im In- und Ausland eingeräumt werden. Kritiker weisen seit Längerem daraufhin, dass sämtliche illegalen Geheimdienstaktivitäten, die im Rahmen der Snowden-Leaks veröffentlicht und nun im NSA-Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden sollen, durch die Novellierung des Gesetzes legalisiert würden.

»Daß zur gleichen Zeit im NSA-BND-Untersuchungsausschuß desselben Parlaments weiterhin Fakten zusammengetragen werden, die für eine wirkliche ‘BND-Reform’ hilfreich wären, darf nicht weiter ignoriert werden«, kritisiert der CCC. »Das Parlament sollte die Erkenntnisse des Ausschusses endlich zur Kenntnis nehmen und zumindest dessen Empfehlungen abwarten, bevor eine Gesetzesnovelle die bisherigen, nachweislich illegalen Machenschaften des BND zu geltendem Recht macht.«

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