Aufatmen an der US-Südostküste

Dreitägige Staatstrauer in Haiti, wo Hurrikan »Matthew« hunderte Todesopfer forderte

  • Leila Macor, Jacksonville
  • Lesedauer: 3 Min.

Hurrikan »Matthew« hat sich auf seinem Zug entlang der Südostküste der USA weiter abgeschwächt. Neun Menschen starben in Florida und Georgia in Folge des Wirbelsturms, doch die erwartete Katastrophe blieb aus - im Gegensatz zu Haiti, wo »Matthew« zuvor hunderte Menschen in den Tod gerissen hatte. Dem bitterarmen Land droht nun eine schwere humanitäre Krise.

In Florida, Georgia und South Carolina konnten Behörden und Bewohner am Wochenende etwas aufatmen. Nach dramatischen Warnungen der Behörden vor einem »Monstersturm« verschonte »Matthew« die dichtbesiedelte Südküste Floridas und richtete auch auf seinem weiteren Weg weniger katastrophale Schäden an als befürchtet. Bevor er am Samstag schließlich in South Carolina auf Land traf, stuften ihn die Behörden auf die niedrigste Hurrikan-Kategorie ein. Doch warnten sie weiterhin vor schweren Überschwemmungen und Sturmfluten im Gefolge von »Matthew«.

In Florida starben fünf Menschen in Folge des Hurrikans, die Behörden von Georgia meldeten mindestens vier Tote - drei von ihnen wurden demnach von umstürzenden Bäumen erschlagen. »Matthew« sorgte bei seinem Zug entlang der Atlantikküste für schwere Überschwemmungen. Er knickte Bäume und Strommasten um und deckte Hausdächer ab, zwischenzeitlich war mehr als eine Million Menschen ohne Strom. Doch war das Ausmaß der Schäden in vielen Gebieten deutlich geringer als befürchtet.

Im Vorfeld hatte US-Präsident Barack Obama für Florida, Georgia, North und South Carolina den Notstand erklärt. Die Behörden ordneten an, mehrere Millionen Menschen in Sicherheit zu bringen und verhängten über mehrere Gemeinden eine Ausgangssperre - auch, um Plünderungen zu verhindern. Viele Menschen weigerten sich allerdings, ihre Häuser zu verlassen.

Obwohl sich »Matthew« weiter auf Tropensturmstärke abschwächen sollte, bevor er aufs offene Meer abdreht, warnten die Behörden weiter davor, ihn zu unterschätzen. Er könne weiter für Flutwellen und Überschwemmungen sorgen, schwere Schäden anrichten und Leben gefährden, hieß es.

Seit dem 29. September war der Hurrikan von Kolumbien über Jamaika und die Dominikanische Republik sowie Kuba und die Bahamas hinweggefegt. Aber das größte Leid brachte der Wirbelsturm über Haiti. Allein im am schwersten getroffenen Süden des Karibikstaates wurden zehntausende Häuser zerstört, und auch nach Tagen war unklar, wieviele Menschen durch die Naturkatastrophe umkamen.

Die Leiterin des haitianischen Zivilschutzes, Marie-Alta Jean Baptiste, bezifferte die »provisorische« Opferzahl auf mindestens 336 Tote. »Die genauen Zahlen werden wir nicht vor Mittwoch kennen«, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Anderen Zahlen müsse derzeit mit Vorsicht begegnet werden, warnte sie. Zuvor hatte der aus dem Süden stammende Senator Hervé Fourcand von mindestens 400 Toten allein in seiner Heimatregion gesprochen. Interimspräsident Jocelerme Privert ordnete eine dreitägige Staatstrauer bis Dienstag an.

Erst nach und nach wurde in den vergangenen Tagen das Ausmaß der Katastrophe in Haiti bekannt. In der bis zum Freitag von der Außenwelt abgeschnittenen Stadt Jérémie stehen nur noch einige wenige Gebäude aus Beton, die restlichen Wellblechhütten wurden komplett dem Erdboden gleichgemacht. In einigen Gebieten gingen 80 Prozent der Ernte verloren.

Dem Land droht nach den schlimmen Verwüstungen durch das schwere Erdbeben im Jahr 2010 eine neue humanitäre Katastrophe. Nach Einschätzung des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF sind rund 1,3 der 10,3 Millionen Haitianer von der Katastrophe betroffen, darunter etwa 500 000 Kinder. Der Hilfsorganisation Care-France zufolge benötigen eine Million Menschen dringend Hilfe: »Viele Einwohner haben alles verloren. Sie haben nichts mehr außer der Kleidung, die sie tragen.« Zudem geht im Land erneut die Angst vor Epidemien wie Cholera um.

Erste Hilfsankündigungen trafen bereits ein. Unter anderem schickten die USA und Frankreich auf medizinische Notversorgung und Wiederaufbau spezialisierte Soldaten in den Karibikstaat. US-Präsident Obama rief zudem seine Landsleute zu Spenden für Haiti auf. AFP/nd

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