Athen bekommt Geld
Fortschritte bei der Finanztransaktionssteuer
Für Sven Giegold könnte sie ein »schönes Weihnachtsgeschenk« sein: »Die Finanztransaktionssteuer ist auf der Zielgeraden angekommen«, sagte der Grünen-Europaabgeordnete am Dienstag. Zuvor verlautbarte am Rande des EU-Finanzminister-Treffens in Luxemburg, dass die von vielen schon als zerredet geglaubte Steuer auf den Handel mit Wertpapieren bis Dezember unter Dach und Fach sein soll.
Dabei ist die Steuer nicht das einzige Thema, bei dem in Luxemburg Fortschritte erzielt wurden. Bereits am Montagabend einigten sich die Finanzminister der Eurogruppe darauf, dass Griechenland eine weitere Kredittranche aus dem Eurorettungsfonds ESM erhält. Es seien »wichtige Reformen« bei den Renten, im Energiesektor und im Bankensektor unternommen worden, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Dies ermögliche, 1,1 Milliarden Euro auszuzahlen. Weitere 1,7 Milliarden wurden jedoch noch zurückgehalten, weil dem Eurogruppenchef zufolge wichtige Informationen aus Athen fehlen.
Harte Spar- und Privatisierungsauflagen sind die Bedingung für die Kredite an Athen. Doch diese würgen die Wirtschaft des Landes ab. Eine Gruppe von 22 EU-Abgeordneten hat deswegen in einem offenen Brief an EU-Währungskommissar Pierre Moscovici ein Ende der Austeritätspolitik und einen Schuldenschnitt für das Krisenland gefordert. Griechenland müsse dringend aus dem Teufelkreis aus Rezession und Deflation herauskommen, heißt es in dem Brief, den unter anderem der LINKE-Politiker Fabio De Masi unterschrieben hat.
Das Land gehört, neben Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, zu den zehn EU-Staaten, die noch immer über die Einführung einer gemeinsamen Finanztransaktionssteuer verhandeln. »Wir hoffen, bis Ende des Jahres die Ziellinie zu erreichen«, sagte Moscovici am Rande des EU-Finanzministertreffens. Er glaube, dass »viele Menschen erwarten, dass der Finanzsektor zur Finanzierung wichtiger öffentlicher Güter beiträgt, zum Beispiel Entwicklung und Klimaschutz«.
So war die Finanztransaktionssteuer einst auch zur Finanzierung der Kosten der Bankenkrise gedacht. Im Herbst 2011 hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für die europaweite Einführung dieser Abgabe gemacht, die jährlich bis zu 57 Milliarden einbringen sollte. Doch der Vorstoß scheiterte am Widerstand Großbritanniens, Luxemburgs, Schwedens und der Niederlande. Seit rund vier Jahren diskutiert eine Koalition »williger Staaten« die Einführung der Steuer ohne greifbare Ergebnisse. Estland hat die Runde inzwischen verlassen.
Wolfgang Schäuble (CDU) müsse die »letzten Wackelkandidaten« überzeugen, hofft der Grünen-Politiker Giegold nun auf den Bundesfinanzminister. Ein Verschieben des Projekts auf die globale Ebene, wie es Schäuble jüngst ins Spiel gebracht hatte, würde die Einführung auf unbestimmte Zeit hinauszögern. Kommentar Seite 4
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.