Regierungen wollen CETA eintüten
EU-Gipfel will Abkommen bis Freitag durchsetzen
»Es sieht so aus, dass die endgültige Entscheidung vom EU-Gipfel getroffen wird«, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Dienstag in Luxemburg nach dem Treffen der EU-Handelsminister. Statt der Unterzeichnung war klar geworden: Es liegen weitere Steine auf dem Weg zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada.
Quergestellt hatten sich Rumänien und Bulgarien, die Länder wollen im Zuge von CETA noch fix die Visafreiheit für ihre Bürger durchsetzen. Schweren Herzens Nein gesagt hatte auch Belgiens Zentralregierung, die auf die Zustimmung der Regionalparlamente angewiesen ist. Wallonien jedoch verweigert sich. Ministerpräsident Paul Magnette sagte am Dienstagabend: »Es bleiben zu viele Probleme, um bis Freitag eine Einigung zu finden«. An diesem Tag steht die zukünftige Handelspolitik der EU auf der Tagesordnung. In EU-Kreisen wird nun debattiert, welche Zugeständnisse an die Wallonen gemacht werden könnten, Malmström persönlich habe sich eingebracht.
Kommt es zu keiner Einigung, wird der für kommende Woche geplante EU-Kanada-Gipfel wohl ausfallen, bei dem der Vertrag feierlich unterzeichnet werden sollte. Stimmen doch alle Länder zu, geht es in die nächste Runde: die Ratifizierung durch das EU-Parlament im Januar 2017. Angesichts der aktuellen Mehrheitsverhältnisse gilt diese allerdings als sicher. Damit träte das Freihandelsabkommen vorläufig und nur teilweise in Kraft. In den kommenden Jahren müssen dann alle nationalen Parlamente abstimmen, in Deutschland sowohl Bundestag als auch Bundesrat.
Die Bundesregierung, die der Unterzeichnung von CETA am Mittwoch im Kabinett auch formell zugestimmt hat, muss sich zudem mit Bedingungen des Bundesverfassungsgerichtes beschäftigen. Karlsruhe hat für eine Unterzeichnung Auflagen erlassen, auch weil in der Hauptsache noch nicht entschieden ist, ob CETA verfassungswidrig ist. Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat er diese beim Treffen der EU-Handelsminister erfüllt. »Ich bin sehr zufrieden, weil Deutschland die Bedingungen, die das Bundesverfassungsgericht uns gesetzt hat, alle einvernehmlich durchsetzen konnte«, verkündete er im Anschluss.
Demnach gibt es in einem Zusatztext nun eine klare Abgrenzung von nationaler und europäischer Zuständigkeit. Darüber hinaus sei geklärt, wie die vorgesehene vorläufige Anwendung des Abkommens durch Deutschland oder andere Mitgliedstaaten gestoppt werden könnte. Und schließlich sei klargestellt, dass die gemeinsamen Ausschüsse der EU und Kanada zu CETA kein eigenes Recht hätten, das Abkommen zu verändern. Der Wortlaut des Zusatztextes und die Frage, ob dieser juristisch Bestand hätte, blieb zunächst offen. Die Linksfraktion hat dazu für Donnerstag eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt.
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