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Razzien im Ruheraum

Thüringer Ermittler initiierten bundesweit Durchsuchungen - offenbar keine akute Gefährdung durch islamistische Täter

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach Angaben des Landeskriminalamts Thüringen durchsuchten Ermittler - unterstützt von Sondereinsatzkommandos und Bereitschaftspolizisten auch anderer Bundesländer - zeitgleich zwölf Wohnungen und eine Gemeinschaftsunterkunft in Thüringen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Bayern.

Bereits seit der zweiten Jahreshälfte 2015 ermittle das Thüringer LKA gegen einen russischen Staatsbürger mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Anlass der Ermittlungen war der Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, heißt es. Zudem habe der 28-Jährige beabsichtigt, sich als Kämpfer dem Islamischen Staat in Syrien anzuschließen.

Bei den Ermittlungen gerieten zehn weitere Männer und drei Frauen aus Tschetschenien ins Visier der Behörden. Elf der 14 Verdächtigen sind in Thüringen gemeldet, die anderen leben offenbar in Hamburg und Dortmund. Alle sind zwischen 21 und 31 Jahren alt und stehen unter Verdacht, islamistisch geprägten Terrorismus zu unterstützen und zu finanzieren. Angeblich wurde bei einem der Razzia-Einsätze in einem Suhler Neubauviertel auch eine weiße Substanz gefunden, die für die Herstellung eines Explosivstoffes geeignet ist. Weitere Untersuchungen müssten abgewartet werden.

Bei allen Beschuldigten handele es sich um Asylsuchende, deren Aufenthaltsstatus in Deutschland noch nicht abschließend geklärt sei, teilte das LKA Thüringen mit und wies darauf hin, dass es keine konkrete Anschlagsgefahr gegeben habe. Es bestehe jedoch der Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Allein in Thüringen sind offenbar Objekte in Suhl, Schmalkalden, Hildburghausen und Jena durchsucht worden. Die Rede war von Einsätzen in Weimar und Leinefelde, doch das hat die Polizei nicht bestätigt.

Die Tschetschenische Republik in der Russischen Föderation ist etwa so groß wie Thüringen. Man vermutet um die 1, 3 Millionen Einwohner. Vor allem 2013 gab es eine Vielzahl tschetschenischer Asylbewerber in Deutschland. Über 13 000 baten um Aufnahme. Deutsche Sicherheitsbehörden sprachen von einer erkennbaren Radikalisierung. Es lagen bereits 2013 Erkenntnisse vor, »dass Personen tschetschenischer Abstammung in Einzelfällen von Deutschland aus in die Krisenregion Irak/Syrien gereist sind.«

Tschetschenen und der Islamische Staat - die Paarung fällt Experten bereits seit vielen Jahren auf. Man geht davon aus, dass die meisten ausländischen Söldner des IS ihre Wurzeln im Nordkaukasus haben. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat deren Anzahl bereits vor Jahren auf rund 1700 geschätzt. Es kursieren allerdings auch Zahlen von bis zu 5000 Kämpfern aus dem Nordkaukasus.

Die Männer und Frauen sind durch die beiden Kriege, die Russland zur Unterdrückung der dortigen bewaffneten Opposition geführt hat, radikalisiert worden. Da der Druck der russischen Geheimdienste und Antiterroreinheiten Moskaus seit Jahren extrem hoch ist, hat der Kampf um ein »Kalifat Nordkaukasus« keine Aussicht auf Erfolg. Daher verlegen Widerständler ihre Racheaktionen nach Syrien. Dort können sie ihren traditionellen Kampf gegen Russland und seinen tschetschenischen Statthalter, Ramsan Kadyrow, auf eine gewisse Art und Weise fortsetzen, da der syrische Machthaber Baschar al-Assad mit Russland verbündet und auf Moskaus Unterstützung angewiesen ist.

Erfahrene Tschetschenien-Kämpfer sind sogar zu Feld- und Abschnittskommandeuren aufgestiegen und schafften es so nicht nur auf die Fahndungslisten russischer Dienste. Auch CIA und FBI zeigen Interesse.

Die in Deutschland lebenden Anhänger der nordkaukasischen Separatistenbewegung sind recht intensiv unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Sogar der Dienst von Schleswig-Holstein bemerkte, dass sie »die Bundesrepublik primär als Rückzugs- und Zufluchtsraum« betrachten und »gegebenenfalls Unterstützung in Form von Propagandaarbeit sowie in Form von Spendensammlungen« leisten.

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