Mythen über Flüchtlinge V: Islamisiertes Deutschland

Im Gegensatz zur muslimischen Flüchtlingszuwanderung verharrt der Strom christlicher Arbeitsmigranten seit Jahren auf hohem Niveau

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

Burka-Debatte, DITIB-Debatte, Debatte über Gebetsteppiche an Unis: Die Angst vor einer vermeintlichen Islamisierung Deutschlands treibt längst nicht mehr nur selbsternannte patriotische Europäer beim Dresdner Abendspaziergang um. »Es gibt ja schon eine schleichende Islamisierung durch die Bevölkerungsentwicklung«, sagte AfD-Chef Jörg Meuthen kürzlich in der FAZ. Und selbst für viele derjenigen, die darin nicht automatisch etwas Schlechtes sehen, dürfte die Gewissheit bestehen, dass es vor allem Muslime sind, die nach Deutschland kommen.

Legt man die Jahresberichte des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu Grunde, dürften rund zwei Drittel der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge Muslime sein. Aber Flüchtlinge sind nicht die einzigen Menschen, die nach Deutschland zuwandern. Rund 700.000 Menschen kamen 2015 aus anderen EU-Staaten in die Bundesrepublik, die meisten von ihnen aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien, Polen, Bulgarien und Kroatien. Und damit aus Ländern, deren Bevölkerung überwiegend christlich ist. Das Ausmaß der Katholisierung des Landes von Martin Luther zeigt sich noch deutlicher beim Blick auf die Vorjahre. Denn anders als im Fall der muslimischen Flüchtlingszuwanderung verharrt der Strom christlicher Arbeitsmigranten seit Jahren auf konstant hohem Niveau.

Der relative Teil der muslimischen Bevölkerung wird sich in Deutschland in den nächsten Jahren dennoch erhöhen. Aber nicht in dem Maße, wie es Islamophobiker befürchten. Rund vier Millionen Muslime leben derzeit in Deutschland und machen damit rund fünf Prozent der Bevölkerung aus. Dass sich daran auch in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren nicht viel geändert haben wird, hat vor vier Jahren eine Studie des »Pew Research Center« ergeben. Das Washingtoner Institut untersuchte die Entwicklung muslimischen Bevölkerungen weltweit. Für Deutschland kamen die Forscher auf einen Anstieg des muslimischen Bevölkerungsanteils von vier auf 5,5 Millionen bis 2030 - das wären dann 7,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das heißt: In dem Land, das nach Meinung vieler kurz vor der Islamisierung steht, sind vermutlich auch in anderthalb Jahrzehnten 93 Prozent keine Muslime.

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