Würde die Linkspartei Steinmeier wählen?

Wagenknecht, Lafontaine loben vernünftige Akzente in der Russland-Politik / Linkenchefin Kipping nennt SPD-Mann »schwer vermittelbar« / Merkel hat wohl Suche nach parteiübergreifendem Kandidaten aufgegeben

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 5 Min.

Wie geht es nun weiter bei der Suche nach einem Nachfolger von Bundespräsident Joachim Gauck? Es sieht inzwischen ganz nach einem offenen Rennen aus - verschiedene Parteien werden verschiedene KandidatInnen aufstellen. Die SPD bemüht sich dabei, ihren Mann - den bisherigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier - auch bei der Union anzupreisen. SPD-Vize Olaf Scholz sagte, Steinmeier sei »der Politiker, den sich die meisten Deutschen als Staatsoberhaupt wünschen«.

Das ist im Lichte der Umfragen wohl nicht falsch, allerdings ist die Wahl des Staatsoberhauptes auch keine Frage der Basisdemokratie. Das nicht unumstrittene Amt - immer wieder wird auch gefordert, den Posten abzuschaffen - wird im Wesentlichen zwischen und von den Parteien vergeben. Die SPD kann Steinmeier nicht durchsetzen ohne die Stimmen anderer Parteien in der Bundesversammlung. Im dritten Wahlgang reicht dort eine einfache Mehrheit, was die parteipolitischen und medialen Gedankenspiele beflügelt.

Zunächst hatten einige darauf gesetzt, dass sich SPD, Grüne und Linkspartei womöglich auf eine/n gemeinsame/n Kandidatin/en einigen könnten - sozusagen als Signal des Wechsels bei den Bundestagswahlen 2017. Der Versuch, diskret über einen rot-rot-grünen Kandidaten zu sprechen, war zuletzt als gescheitert angesehen worden, nachdem es Durchstechereien an die Medien gab. Die genannte potenzielle Kandidatin, die frühere EKD-Funktionärin Margot Käßmann, hatte zudem erklärte, für das Amt nicht zur Verfügung zu stehen.

Skepsis, Ablehnung – und Nuancen

Nun also Steinmeier? In der Linkspartei stieß der auf große Skepsis bis Ablehnung. Aber es gibt interessante Nuancen in den Reaktionen. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch wird im »Spiegel« mit den Worten zitiert, »Steinmeier ist nicht unser Kandidat.« Aber: »Im Fall einer Kampfkandidatur kann ich mir vorstellen, im dritten Wahlgang eher einen Sozialdemokraten als einen Konservativen zu wählen.«

Der saarländische Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine sagte im Deutschlandfunk, »wir wollen einen Bundespräsidenten, der für soziale Gerechtigkeit steht und der für eine Friedenspolitik eintritt, weil der jetzige Amtsinhaber diese beiden Themen nicht so behandelt, wie wir uns das vorstellen«. Dass Gabriel Steinmeier vorgeschlagen habe, »ohne irgendeine Abstimmung, das ist zumindest eine zweifelhafte Vorgehensweise«, kritisierte der frühere SPD-Chef. Und er unterschied in den aktuellen außenpolitischen Steinmeier und den der Agenda 2010 von vor über zehn Jahren.

»Bei Steinmeier muss man zwei Dinge sehen«, sagte Lafontaine dem Sender, einmal sei er »jemand, der darauf hinwirkt, dass Mäßigung die Außenpolitik bestimmt«. Der Linkenpolitiker erinnerte dabei an die Kritik Steinmeiers am Säbelrasseln der NATO an der russischen Grenze. Dass er dies kritisiert habe, »das sehen wir positiv. Auf der anderen Seite wissen wir natürlich, dass er einer der Architekten der Agenda 2010 ist, und die sehen wir nun gar nicht positiv.« Die Reformen hätten »für viele Menschen Leiharbeit, Werkverträge, schlechtere Renten, schlechtere Löhne gebracht. Und das können wir natürlich nicht akzeptieren«.

Auch Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht schließt eine Unterstützung von Steinmeier nicht aus. Der Außenminister habe »in der aktuellen Russland-Politik vernünftige Akzente gesetzt, im Gegensatz zum schwarz-grünen Säbelrasseln«, sagte sie der »Bild am Sonntag«. Zwar stehe Steinmeier als einer der Initiatoren der Agenda 2010 und Befürworter von Militärinterventionen für eine Politik, die die Linkspartei ablehne. »Aber warten wir mal ab, ob und gegen wen er überhaupt antritt«, so Wagenknecht.

Rot-Rote Kandidatendispute

Die Linkenvorsitzende Katja Kipping setzt derweil weiter auf eine rot-rot-grüne Einigung in der Präsidentenfrage. Eine gemeinsame Kandidatin oder ein gemeinsamer Kandidat der drei Parteien »könnte ein wichtiges Zeichen für einen Politikwechsel setzen«, sagte sie der »Passauer Neuen Presse«. Steinmeier sei dagegen ein »schwer vermittelbarer Kandidat«. Ihr Co-Chef Bernd Riexinger hatte den Außenminister zuvor bereits als für die Linkspartei »unwählbar« bezeichnet. Auch er begründete seine Haltung damit, dass Steinmeier »einer der Architekten der Agenda 2010« des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder sei.

Die Kandidatenfrage ist hier und da auch zum Gegenstand rot-roter Dialoge geworden. Ein Beispiel: Der Linken-Politiker Niema Movassat hatte erklärt, er könne sich »nicht ansatzweise vorstellen, dass Steinmeier der nächste Präsident wird.« Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe entgegnete darauf, »leider macht ihr gar keinen Vorschlag, der im Ansatz denkbar wäre. Im Abseits erreicht man nichts.« Worauf Movassat antwortete: »Sicherlich läuft es nicht so, dass die SPD einen Vorschlag diktiert und die Linke folgt. So läuft Kooperation nicht.«

Oppermann: Jeder tritt für sich an

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der »Passauer Neuen Presse« vom Samstag, bevor sich Union und SPD nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen könnten, »sollte jede Partei mit ihrem eigenen Kandidaten antreten«. Die SPD könne dann mit Steinmeier »den besten Kandidaten präsentieren«. Der Außenminister würde wohl auch aus den Reihen der FDP Stimmen bekommen. Die Grünen hatten offengelassen, ob sie Steinmeier unterstützen würden. »Debatten über die Namen sind jetzt verfrüht«, sagte Parteichefin Simone Peter. Anders als Riexinger betonte sie allerdings auch: »Wir schließen die Kandidaten, die derzeit diskutiert werden, nicht von vornherein aus.« mit Agenturen

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