Straße statt Schiene

BUND und »Allianz pro Schiene« werfen Bundesregierung Bevorteilung von Autowegen vor

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 2. Dezember soll der Bundestag den Bundesverkehrswegeplan 2030 verabschieden. Er beinhaltet Investitionen von knapp 270 Milliarden für den Erhalt, die Erneuerung und den Ausbau überregional relevanter Schienen-, Straßen- und Wasserstraßeninfrastruktur. Während Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) von einer »Investitionswende nach Jahren des Verschleißes « spricht, warnen Oppositionsparteien, Umweltverbände und die »Allianz pro Schiene«, dass die Lippenbekenntnisse der Bundesregierung zu einer ökologischen Verkehrswende mit diesem Plan auf längere Sicht im Beton neuer, teilweise unsinniger Straßenbauprojekte eingemauert werden.

Der Plan schreibe die Bevorzugung der Straße fort, kritisierte Allianz-Geschäftsführer Dirk Flege am Montag in Berlin. So seien fast alle Schienenprojekte, die nicht unmittelbar das Fernverbindungsnetz betreffen, ohne weitere Prüfung bereits im Vorfeld aussortiert worden, während 514 Ortsumgehungsstraßen mit ausschließlich regionaler Bedeutung in den Plan Eingang fanden. Als Beispiel nannte Flege die besonders im Sommer sehr stark frequentierte Bahnverbindung von Berlin nach Usedom. Durch den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Karniner Bahnbrücke hätte die Fahrzeit von vier auf zwei Stunden halbiert werden können. Während dieses Projekt abgelehnt wurde, soll auf der Strecke allerdings eine neue Autobrücke bei Wolgast gebaut werden.

Flege fordert, dass in den Plan auch Schienenverkehrsprojekte integriert werden, die im Umfeld von Städten und Ballungsräumen für Entlastung sorgen können. Nicht berücksichtigt seien auch Projekte zur Elektrifizierung wichtiger Regionalstrecken, etwa im Raum Freiburg, obwohl klar sei, »dass die Länder das niemals alleine stemmen können«. Auf der anderen Seite habe die Koalition in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen einräumen müssen, dass 90 Prozent der auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans von 2003 gebauten Ortsumgehungen ihr Ziel - die deutliche Reduzierung des innerstädtischen Verkehrs - nicht erreicht hätten.

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wies auf die zentrale Bedeutung der Verkehrsplanung für den Umwelt- und Naturschutz und die Erreichung der Klimaziele hin. Doch statt einer daran ausgerichteten Gesamtplanung werde der Klimaschutz »den Wahlkreisinteressen einzelner Abgeordneter geopfert«, so Weiger in Hinblick auf die Ortsumgehungen. Der BUND hat bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Bundesverkehrswegeplan eingelegt und strebt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung an, da die EU-Vorgaben zur Untersuchung umweltfreundlicher Alternativen eklatant verletzt worden seien, so Weiger.

Auch die Oppositionsparteien lassen kein gutes Haar an den Plänen der Bundesregierung: Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende den LINKEN, Cornelia Möhring, forderte vor einigen Tagen anlässlich einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses des Bundestages, der Plan müsse »gänzlich zurückgezogen werden«. Das Land brauche einen »sozial-ökologischen Mobilitätsplan«, der gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet wird. Dabei müssten »Lebensqualität und Mobilitätsbedürfnisse der Menschen sowie die Umweltverträglichkeit der Verkehrswege und -mittel im Fokus der Planung stehen«. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte, das Konzept sei »schlampig erstellt«. Eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger sowie die Umbrüche der Mobilität mit Elek- trifizierung und Digitalisierung in den nächsten Jahren würden vernachlässigt.

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