Roter Fraport-Teppich für Ryanair

Irische Billig-Airline fliegt ab sofort vom Frankfurter Rhein-Main-Flughafen

  • Hans-Gerd Öfinger, 
Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Die irische Dumpingfluggesellschaft Ryanair wird ab März 2017 erstmals vom Frankfurter Rhein-Main-Flughafen mit Passagierflügen starten. Dies erklärten Stefan Schulte, Chef des Flughafenbetreibers Fraport, und die Ryanair-Manager David O›Brien und Kenny Jacobs am Mittwoch in der Fraport-Zentrale. So wird Ryanair mit zunächst zwei Flugzeugen eine neue Basis auf Rhein-Main eröffnen und von hier aus täglich Alicante, Palma de Mallorca und Malaga (Spanien) sowie Faro (Portugal) anfliegen. Zunächst sollen 400 000 Fluggäste jährlich befördert werden.

Der Vorstoß ist Teil einer aggressiven Strategie, mit der die Iren ihren Marktanteil in Deutschland stark anheben möchten. Sie haben auch neue Basen in Hamburg und Nürnberg eröffnet. »Es ist Zeit, dass wir im Land von Aldi und LIDL auf Wachstum setzen«, erklärte O‹Brien. Schließlich liege hier der Anteil der Low Cost-Flüge noch weit unter dem Niveau anderer Länder. Frankfurt wird die neunte deutsche und die 85. europäische Basis der irischen Fluggesellschaft, die in Europa so viel Wachstumspotenzial sieht, dass sie keine Pläne für Interkontinentalflüge hegt.

Die Pressekonferenz wirkte teils wie eine Werbeveranstaltung, bei der die Dubliner ihre Dumpingangebote als Segnung anpriesen und dazu aufforderten, Schnäppchenangebote sofort zu buchen. Mit dem Einstieg sei aber keine Abkehr vom 100 Kilometer westlich gelegenen Hunsrück-Flughafen Hahn geplant, der ein wichtiges Ryanair-Drehkreuz ist. Fraport hat seine Anteile an der defizitären Hahn-Betreibergesellschaft längst an die Mainzer Landesregierung abgestoßen, die den Betrieb jetzt privatisieren möchte. Am Mittwoch gab die Beratungsfirma Warth & Klein Grant Thornton bekannt, dass noch sechs Bieter sich für Hahn interessierten.

Schulte gab sich Mühe, Ryanair als Bereicherung für Rhein-Main und Teil einer »langfristigen Partnerschaft« darzustellen. Eine enge Kooperation bestehe bereits bei der Übernahme griechischer Regionalflughäfen durch Fraport, so der Konzernchef. Längst flögen Low-Cost-Airlines »nicht nur provinzielle Flughäfen«, sondern auch Madrid, Barcelona, Rom, Athen, Berlin, Hamburg oder München an. Mit der Öffnung für Ryanair trage Fraport der Tatsache Rechnung, dass von Premium-Airlines wie Lufthansa kein starkes Wachstum zu erwarten sei.

Bisher liegt in Frankfurt der Anteil der Billigflieger bei nur vier Prozent - nur die spanischen Vueling und die isländische Vow Air fliegt von hier. Dies könnte sich mit Ryanair rasch ändern: 2015 hatte der Airport bei knapp 470 000 Flugbewegungen stagniert - deutlich unter den zugelassenen 700 000 pro Jahr. Kritiker halten daher die 2011 in Betrieb genommene Nordwest-Landebahn für überflüssig.

Um die für ihren massiven Kostendruck auch gegenüber Flughafenbetreibern bekannte Ryanair zu binden, werde man ein »maßgeschneidertes Angebot für das Low Cost-Segment erarbeiten« und sich durch spürbare Rabatte für neue Fluggesellschaften an den »Markteinführungskosten« beteiligen, so Schulte. Dies gelte für alle Airlines. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) finanzielle Zugeständnisse bei den Gebühren genehmigen werde.

»Eine nicht akzeptable Quersubventionierung«, kritisiert dagegen der Offenbacher Flughafenexperte und Fraport-Kritiker Dieter Faulenbach da Costa. »Somit finanzieren die anderen Airlines die Etablierung der Billigkonkurrenz.« Kritik kommt auch aus der hessischen Linksfraktion: »Fraport und die Flughafenausbau-Parteien argumentierten stets mit den guten Arbeitsplätzen«, so Fraktionschefin Janine Wissler. »Jetzt werden Dumpingmethoden etabliert mit einer Airline, deren Geschäftsmodell maßgeblich auf Ausbeutung seiner Mitarbeiter beruht.« Wissler erinnerte daran, dass scheinselbstständige Piloten, die Verhinderung von Gewerkschaften und das Unterlaufen von Tariflöhnen Ryanair-Eckpfeiler seien.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.