Ein Grundeinkommen für freie Medien

Simon Poelchau über Facebooks Milliardengewinne mit Werbung, die Zeitungen in Bedrängnis bringen, und einen Vorschlag von Yanis Varoufakis

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Manche Weisheiten über die digitale Revolution sind mittlerweile so frisch wie der Schnee vom letzten Winter. Wahr sind sie trotzdem. Etwa jene, dass die Digitalisierung Gewinner und Verlierer erzeugt. Mark Zuckerberg ist einer der weltweit größten Profiteure dieses Prozesses. Sein Unternehmen Facebook wirft ordentlich Schotter ab. Der Internetkonzern machte im letzten Quartal unterm Strich knapp 2,4 Milliarden US-Dollar Profit, wie er am Mittwoch mitteilte. Das ist ein Plus von gigantischen 166 Prozent.

Wer sich noch immer fragt, wie aus dem sozialen Netzwerk ein globaler Konzern werden konnte: Die Werbung macht es möglich. 97 Prozent seiner Einnahmen macht Facebook mit der Bereitstellung personalisierter Werbeplätze. Vielleicht aber könnten diese Milliarden ein weiterer Grund sein, warum ein Grundeinkommen nötiger denn je ist.

Denn des einen Freud ist des anderen Leid. Der Autor eben dieses Kommentars arbeitet nämlich in einer Branche, die dank der Digitalisierung in einer massiven Krise steckt. Erst vergangene Woche kam wieder eine Hiobsbotschaft aus dem Zeitungswesen: Der DuMont-Verlag lässt die »Berliner Zeitung« und den »Berliner Kurier« zusammenlegen – Stellenabbau und schlechtere Arbeitsbedingungen für die dort beschäftigten Journalisten inklusive. Zwar macht DuMont selbst noch ordentlich Plus, 2015 konnte es sogar seinen Gewinn steigern. Doch der Wind weht rauer in der Zeitungsbranche, seit mit dem Platzen der Dot.com-Blase das Internet nicht mehr zusätzliche Werbeeinnahmen generiert, sondern zum Konkurrenten um diese Einnahmen geworden ist.

Und bis auf wenige – meist englischsprachige – Ausnahmen haben es die angestammten Medien noch nicht geschafft, online wirtschaftlich zu sein. Die Werbeeinnahmen und der Gewinn verbleiben hauptsächlich bei Facebook, Google und Co. Zudem hat die Digitalisierung zum Wegbrechen des zweiten ökonomischen Standbeins der Medienbranche geführt: Fast überall sinken die Auflagen, weil es die Nachrichten, Kommentare und Interviews online schneller und oft umsonst gibt. Warum also für die Zeitung zahlen, wenn der Content im Internet scheinbar gratis zu haben ist?

So denken leider die meisten Menschen. Doch dürfen sie sich dann nicht aufregen, wenn 95 Prozent der Texte, die sie lesen, Nachrichtenagenturen-Einheitsbrei ist. Eigene Recherchen kosten Zeit, und Zeit ist bekanntlich Geld. Ein Like auf Facebook für einen Artikel ist da vielleicht eine nette Geste, doch macht er nicht satt.

Auch wenn die Digitalisierung den Journalisten die Arbeit leichter macht. Schließlich bekommt sie dank ihr Pressemitteilungen, Statistiken, Studien und Co. online direkt auf den Schreibtisch, auch so manche Pressekonferenz wird mittlerweile online übertragen. Doch untergräbt die digitale Revolution nachhaltig die Grundlage für unabhängigen Journalismus, wie man ihn zumindest in den letzten Jahrzehnten kannte.

Denn wer soll die Journalisten bezahlen, wenn es weder bezahlte Auflage noch Werbeeinnahmen gibt?

Die Frage, wie diese Krise gelöst werden kann, ist sicherlich keine, die die Branche alleine beantworten kann und sollte. Schließlich ist eine freie und vielfältige Medienlandschaft essenziell für eine funktionierende Demokratie. Die Verhaftungen von Journalisten in der Türkei zeigen, wie autoritäre Herrscher sich schnell einer unabhängigen und kritischen Presselandschaft entledigen wollen.

Der Vorstoß des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis für die Schaffung eines Grundeinkommens erscheint in diesem Zusammenhang in einem neuen Licht. Dieses könnte den Journalisten die Ressourcen geben, die sie brauchen, um ihrer Arbeit gründlich nachgehen zu können, auch wenn keiner sie für ihre Arbeit bezahlen kann.

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