Gesetz benachteiligt junge Familien und Rentner
Fragen & Antworten zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie
Das erst im März verabschiedete Gesetz zur Umsetzung einer EU-Richtlinie für die Kreditvergabe sorgt für Kritik. Gerade junge Familien und Rentner seien im Nachteil. Was heißt das für den Verbraucher?
Worum geht es in der Wohnimmobilienkreditrichtlinie?
Die EU-Richtlinie soll dafür sorgen, dass sich Menschen beim Kauf eines Eigenheims nicht zu sehr verschulden. Im März hat die Bundesregierung die Vorgaben in ein Gesetz gegossen. Banken sind nun verpflichtet, die Kreditwürdigkeit genauer zu prüfen. Verstößt eine Bank dagegen, kann der Kunde den Kreditvertrag sogar kündigen.
Was ist daran problematisch?
In einer Bundesratsinitiative kritisieren Baden-Württemberg und Hessen, dass die Richtlinie die Kreditvergabe insbesondere an Rentner und junge Familien erschwert. Bayern denkt daher darüber nach, sich dem Vorstoß anzuschließen. Die Kritik: Die Bundesregierung sei über das Ziel der EU hinausgeschossen. Es sei derzeit rechtlich sogar möglich, dass Menschen ihre in der Vergangenheit finanzierten Wohnungen und Häuser wieder verlieren können - etwa wenn nun bei einer Anschlussfinanzierung oder Umschuldung die Kreditwürdigkeit erneut geprüft würde.
Warum sollten gerade diese Gruppen betroffen sein?
Ältere Menschen bekämen etwa nur noch Kredit, wenn der innerhalb ihrer statistischen Lebenserwartung zurückgezahlt werden könnte, heißt es beim Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken. Dabei dürften Immobilien nicht mehr als Sicherheit dienen, selbst wenn ihr Wert die Kreditsumme sogar übersteige - etwa wenn das Geld für einen altersgerechten Umbau oder eine Renovierung genutzt werden soll. Auch junge Familien hätten Schwierigkeiten an Darlehen zu kommen - wegen Unsicherheiten wie Erziehungszeiten oder Teilzeit.
Gibt es dafür Belege?
Die Sparkassen sprechen von einem Rückgang der Neuvergabe von Krediten im ersten Halbjahr von 8,9 Prozent. Der Bestand der Wohnbaukredite zeigt allerdings gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg. Verbraucherschützer fordern deshalb genaue Zahlen von Banken und Sparkassen. Die seien notwendig, um über die Probleme bei der Auslegung zu reden, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband.
Was wäre zu ändern werden?
Einig sind sich Verbraucherschützer und Sparkassen, dass bestimmte Begriffe im Gesetz klarer definiert werden müssen. Hessen und Baden-Württemberg plädieren u. a. für eine wohlwollendere Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch sollen Kreditverträge, die zur Altersvorsorge dienen, wie Darlehen für Umbau und Renovierung weniger streng behandelt werden. Das sehe auch die EU-Richtlinie vor. dpa/nd
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